laut.de-Kritik

Viele prominente Remixer und wenig Courage.

Review von

Rhye und ihr verschmuster Bandleader Mike Milosh veröffentlichten Anfang dieses Jahres ihr zweites Album "Blood". Die Erfolgsformel blieb dabei exakt gleich: Androgyn schmachtende Vocals gehen eine Symbiose mit einer so dezenten wie braven Instrumentierung ein und bahnen sich ihren Weg in die Schlafzimmer tausender Millenials.

Um zu erkennen, dass sich daraus eine gewinnbringende Vorlage für ein Remix-Album ergibt, bedarf es keiner gehobenen Expertise. Diente das Original noch als Musterbeispiel für einen Langspieler, der von Hördurchgang zu Hördurchgang an Reiz verliert, versucht sich eine Armada prominenter Remixer nun daran, Rhyes Vorzüge zu konservieren.

Den Anfang macht der zottelige RY X, der mit Frank Wiedemann von Âme als Howling in eine ähnliche musikalische Kerbe schlägt wie sein Auftragsgeber - keine guten Vorzeichen. Und siehe da, die Neufassung von "Waste" zieht sich über endlose neun Minuten hin, ohne einen wirklich bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Miloshs Vocals nehmen dem schleppenden Beat die Luft zum Atmen, nur in Ansätzen greift der Afterhour-Ansatz.

Die Wahl zwischen den beiden Versionen von "Taste" fällt nicht schwer. Moon Boots macht es sich zu leicht und liefert einen uninspirierten Reißbrett-Remix. Schwergewicht Mano Le Tough zeigt, wie es richtig geht und seziert das Original im richtigen Maß. Der Ire verwebt das organische Ausgangsmaterial mit elektronischen Akzenten, verfeinert das Ergebnis mit Vocal-Tupfern und nistet sich so irgendwo zwischen Robag Wruhme und DJ Koze ein - hohe Remixkunst!

Poolside kultivieren einmal mehr ihren sommerlichen Wohlfühl-Sound, der zu Tychos Horizon und zum - na ja - Sommer aber eine Spur besser passte. Trotzdem funktionieren die bearbeiteten Gitarren und das nach wie vor gelungene Motiv aus "Feel Your Weight".

Der bemitleidenswerte Jeff Samuel versucht anschließend aus dem grauenvollen "Please" mit einer Uptempo-Frischzellenkur hörbare Resultate herauszukitzeln, scheitert dabei aber an einem missratenen Tech House-Beat und der immensen Undankbarkeit dieser Aufgabe.

Tensnake unterlegt "Count To Five" mit klirrenden Piano-Chords und lässt von der ursprünglichen Melodie kaum etwas übrig. Auch wenn der Remix erwartungsgemäß stark zum Pop tendiert, wäre mehr von dieser Courage auf dem gesamten Album wünschenswert gewesen. Insbesondere bei einer Band wie Rhye, die einen derart hohen Wiedererkennungswert besitzt.

Der Kanadier Jacques Greene führt diesen Weg glücklicherweise konsequent fort und überhäuft das ursprünglich vor Pathos triefende "Song For You" mit Synthesizer-Wellen und einem unsteten Beat, der bis zum Ende durchhält. Masionair wählt einen ähnlichen Zugang, verrennt sich dabei aber etwas zu sehr in Effekthascherei.

Der ohnehin theatralische Charakter von "Blood Knows" verstärkt sich anschließend durch Trip Teases - Oh Gott, dieser Name - 80er-Synths aus dem Ghostly International-Baukasten und quälend lange Pausen. Channel Tres aus Compton hingegen verwandelt "Stay Safe" mit traumhaften Kicks zu einem House-Track, pitcht Miloshs Gejaule bis in die Unkenntlichkeit und entfremdet das Original so sehr, dass es eine wahre Freude ist.

"Phoenix", der potenziell spannendste Remix - Original gut, Little Dragon gut - , oszilliert zwischen Pop und House und verfügt über die nötige Portion Dancefloor-Appeal. Atonale Interludes wechseln sich mit einem wiederkehrenden Keyboard-Motiv ab - so drückt man einen Stempel auf.

Chillwaver Washed Out entwirft dann eine anstrengende Version von "Softly", die keines Kommentars bedarf. Ähnlich verhält es sich mit Illangelos Neudefinition von "Sinful", die gegen Ende hin anbiedernd den Schockeffekt provoziert.

Roosevelt steuert zum Abschluss einen Remix von "Summer Days" bei, der ursprünglich zwar nicht auf "Blood" enthalten war, aber was solls. Der Song klingt berechenbar eingängig und konventionell, macht dabei aber nicht wirklich etwas falsch. Das Zusammenspiel zwischen Gitarre und dem organisch anmutenden Beat kommt beispielsweise richtig gut.

"Blood Remixed" ist keineswegs ein schlechtes Album geworden, stellenweise aber schlicht zu mutlos und seicht in der Ausführung. Böse Zungen werden behaupten, dass so immerhin der Geist der Vorlage erhalten bleibt.

Trackliste

  1. 1. Waste (RY X Remix)
  2. 2. Taste (Moon Boots Remix)
  3. 3. Taste (Mano Le Tough Remix)
  4. 4. Feel Your Weight (Poolside Remix)
  5. 5. Please (Jeff Samuel Remix)
  6. 6. Count To Five (Tensnake Remix)
  7. 7. Song For You (Jacques Greene Remix)
  8. 8. Song For You (Mansionair Remix)
  9. 9. Blood Knows (Trip Tease Remix)
  10. 10. Stay Safe (Channel Tres Remix)
  11. 11. Phoenix (Little Dragon Remix)
  12. 12. Softly (Washed Out Remix)
  13. 13. Sinful (Illangelo Remix)
  14. 14. Summer Days (Roosevelt Remix)

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