laut.de-Kritik
Die Irin schließt den Club von innen ab.
Review von Eberhard DoblerWer Roisin Murphy live gesehen hat, den lässt die Arbeit der mit Moloko zu Weltruhm gelangten Irin nicht mehr so schnell los. Ins zweite Soloalbum groovt sie sich unangestrengt, sphärisch verhallt und mit spärlich eingesetzten Harfen-Samples mit dem Disko-Titeltrack "Overpowered". Statt dem Rechner experimentell anmutende, akustisch basierte, zuweilen zarte Arrangements abzutrotzen, schließt Roisin den Club nun von innen ab.
Den Schlüssel reichte ihr dazu neben einer ganzen Reihe anderer Co-Autoren Paul Dolby aka Seiji. Der Londoner Produzent und DJ wirft nicht selten mächtige Four to the Floor-Bassdrums an, um die eingängig und sorgfältig instrumentierten Arrangements anzufeuern (Madonna lässt grüßen).
Tanzen ist angesagt, und der Titel des Albums kann insofern als Antwort auf den Sound des Erstlings verstanden werden. So nimmt der dominante Synthiebass von "You Know Me Better" die Stimmung des Openers hervorragend auf - man könnte die Tracks leicht ineinander mixen.
Die Nummer steht aber exemplarisch für den Zwiespalt, in den einen Murphy zuweilen stürzt: Während Techhouse-Instrumente die Strophen nach vorne drängen, dominiert im Refrain ein Melodieklima, das verdächtig nah an den Pop-Charts vorbeischrammt. "Movie Star" gerät fast zur Dancepop-Massenware. Mit deepem Housebass gefasst, aber den modernen R'n'B zitierend: "Footprints" könnte dem gemeinen Roisin-Fan ebenfalls sauer aufstoßen - gleichwohl bleibt die Nummer gut produziert.
Trotz solcher Bedenken kann ein Roisin-Album offensichtlich nicht daneben gehen - zu stilsicher der Geschmack insgesamt, zu präsent die Vocals, zu zeitgemäß die Produktion. Schon die im Kontext der Platte als Elektro-Balladen anzusehenden "Primitive" und "Tell Everybody" entschädigen mit sphärischen Keyboardflächen, Streichern, Organsounds oder modulierenden Synthies.
Dasselbe gilt für "Let Me Know": funky, schnell und mit euphorischen Synthies - so gefällt Club-Pop. Ansonsten bleibt die Soundästhetik der 80er-Jahre ein wichtiger Ansatzpunkt. So lieferte "You Spin Me Round (Like A Record)" die Blaupause für das Soundgerüst von "Cry Baby" ab, und bereits der Titeltrack zitiert Keyboards aus Kraftwerks besten Zeiten und lehnt sich an die prägnante Synthielinie von Tigas "Sunglasses At Night"-Remix an.
"Scarlet Ribbons" bekommt noch einen jazzigen Anstrich verpasst, bevor die abschließenden Bonustracks alleine die drei Punkte wert sind. Von der Instrumentierung her beatlastig halten "Body Language" und "Parallel Lives" die Waage zwischen Dance mit Tiefgang und Roisins extrovertiertem Charakter - jene Tugenden, mit denen Moloko einst Karriere machten.
17 Kommentare
das zweite soloalbum von mrs roisin -traumfrau- murphy steht an!
erste single zum angucken gibts bei youtube:
http://www.youtube.com/watch?v=VlFjf1pWk2c
freude!
kommt aber leider erst im oktober raus.
ach kommt schon jungs...
samma ey?
Finde es verwunderlich, dass "Dear Miami" keinerlei Erwähnung im Review findet, der Track hat durchaus Potential und ist einer meiner Favs auf der Platte!
ja, ein frevel! dear miami ist der absolute knaller! auch eins meiner lieblingstracks.
generell muss ich sagen, dass ich das album nochmal etwas lieber gewonnen hab, seitdem ich roisin live gesehen habe. die live aufbereitung war viel dynamischer und hat dem material wirklich noch etwas mehr funken gegeben. zu hören ist das auch auf der limited edition live CD , aufgezeichnet in "l'ancienne belge" im november 2007.
moloko war cooler..