laut.de-Kritik
Wie ein Hütchenspieler geht der Berliner mit seinen Breaks um.
Review von Karim ChughtaiBereits seit einer Dekade macht Siriusmo mit feinsten Veröffentlichungen auf sich aufmerksam. Ob als Remixer für die internationale Clubszene oder Herausgeber auf mindestens ebenso exquisiten Labels aus der Hauptstadt, der eigenwillige Sound des Berliner Produzenten ist gefragter denn je.
Seine Veröffentlichungen hält er trotz alldem rar wie seine Auftritte. Wegen Lampenfieber und EP-Format-Loyalität kommt man selten in den Genuss seiner Arbeit. Um so erfreulicher, dass nun endlich ein Album des hauptberuflichen Illustrators auf Monkeytown, dem Label der Modeselektoren, erscheint.
Von Dubstep bis Disco, von Hip Hop bis House, von Electro bis Experimental reicht das Volumen seiner musikalischen Facetten, zusammengefügt bilden sie das Gesamtportrait Siriusmos. Nicht allzu leicht, dieses Mosaik auf einem Longplayer repräsentativ zu reduzieren. Welche Form soll es annehmen? Welche Geschichte soll es erzählen?
"Mosaik" kommt der futuristischen Vorstellung einer 21st Century Disco aus Sicht der 70er Jahre nach: übertrieben, überladen, ausufernd, improvisiert, farbenfroh, extravagant, jenseits der gegenwärtigen Vorstellungskraft. So schweifen im Opener "High Together" etwa P-Funk-Elemente um Kinderchorgesänge und Glockenspiel-Breaks. "Feromikon" legt in klassischer Siriusmo-Klangapparatur mit verschrobenen Beats, verdrehten Bässen und verwirbelten Grooves nach.
Experimenteller gehen die Bass-Triaden "Sirimande", das halb lieblich, halb psychedelische gehaltene "Mosaik" oder der Rap-verstärkte, verzerrte Boxenbrecher "Bad Idea" hervor. Ausgezeichnet wird das Album, wenn es nicht auf dem Pausenhof der Ed Banger-Schule randaliert und Justice-Nebenklässler, wie "Lass Den Vogel Frei" oder "123", hänselt.
Wenn "Nights Off" als unaufdringliche Heimbegleitung und Fischerspooner-Hommage einhakt. Wenn das poppige "Idiologie" zur Peter Pan-Disco für verliebte Zigeuner einlädt. Wenn "Good Idea" fidel und funky vor sich hinschwoft. Spätestens wenn "Einmal In Der Woche Schreien" als Höhepunkt zum kollektiven Footwork bittet.
Verspielt wie eine junge Katze und abgezockt wie ein professioneller Hütchenspieler geht Siriusmo mit seinen Breaks um. Das situative Moment beherrscht er perfekt. Man könnte annehmen er baue die Tracks um bereits fertiggestellte Breaks, derart intuitiv, leichtfüßig und treibend glänzen sie zwischen all dem Bass, Bombast und Konfettireigen.
Gelingt es ihm in einer EP, mit rund sechs Tracks spielend eine schlüssige Geschichte zu erzählen, so tut er sich mit einem Roman auf Albumformat eventuell unnötig schwer. Auf der Suche nach dem Super-Schinken verliert er sich irgendwo in den Tiefen seiner Vielseitigkeit. Stellenweise löst er das Storytelling brillant, teils sind es zu viele Geschichten auf einmal, die es zu erzählen gilt. Dabei pendeln sich die 17 Tracks irgendwo zwischen Genialität und Reizüberflutung ein.
Letztlich ist das aber Fehlersuchen auf ganz hohem Niveau. Als gesammeltes Werk von Kurzgeschichten funktioniert "Mosaik" nämlich einwandfrei.
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