laut.de-Kritik
Die Verweigerer der Konformität gehen ins Detail.
Review von Mathias MöllerIm Musikbiz gibt es immer Gewinner und Verlierer einer bestimmten Strömung. Der Hype der Neunziger waren zweifelsohne Grunge und Alternative Rock. Nirvana und Soundgarden, aber auch Alice In Chains und Pearl Jam gehörten zu den großen Gewinnern der Bewegung. Andere Bands wie Mudhoney waren Wegbereiter, blieben aber auf der Strecke. Zu denen, die im Schatten blieben, gehörten stets auch Sonic Youth. Deren Bandgeschichte wird jetzt mit "Corporate Ghost" audiovisuell aufgearbeitet.
Ähnlich unaufdringlich wie die New Yorker Band im Grungezirkus aus Seattle erscheint auch das Artwork. Eine schlichte, aber schlicht geniale Röntgenaufnahme einer E-Gitarre ziert die DVD, das Booklet ist minimal, klappt sich aber nicht seitwärts sondern nach oben auf. Die Verweigerer der popkulturellen Konformität gehen ins Detail. Dennoch ist "Corporate Ghost" leider wenig spektakulär geraten, das Material ist recht bieder zusammengetragen.
Das Schaffen der Neunziger Sonics wird dabei recht gründlich abgegrast. Als harter Brocken gleich zu Beginn die elf (!) Videos zu den elf Tracks vom 1990er "Goo"-Album, inklusive der süßen "Grunge-Boy meets Grunge-Girl beim Sonic Youth-Konzert"-Geschichte zu "Dirty Boots", dem leicht unappetitlichen "Mote"-Video und dem Interluden-Kurzfilm zu "Scooter & Jinx". Am interessantesten ist die Entwicklung über die Jahre zu verfolgen. Folgten die Videos zu den Stücken von "Goo" noch einem leicht hippiesk-verstrahlten Schema (besonders "Tunic (Song For Karen)" und "Mildred Pierce"), so sind bereits die Videos zu den Hits "100%" oder dem legendären "Youth Against Fascism" wesentlich zugänglicher.
Über die Jahre haben die fünf New Yorker eine kleine, aber feine Gästeliste zusammengetragen. Bei "Kool Thing" gastiert Chuck D von Public Enemy, in "Sunday" mimt Macauly Kulkin den Rocker, Sleater Kinney ("Nevermind (What Was It Anyway)") geben sich mit Kim Deal von den Pixies ("Little Trouble Girl", wo sie wunderschön Duett mit Kim Gordon singt) die Klinke in die Hand. Und im Bonusteil huscht Anthony Kiedis von den Peppers durchs Bild. Ein schönes Suchspiel!
Die Videos sind fast komplett mit dem unvermeidlichen, manchmal aber doch interessanten Audiokommentar ausgestattet. Der Bonusteil ist mit vier raren Bonusvideos ausgestattet, Spike Jonze gibt seine nicht unwesentliche Meinung zu Sonic Youth und ihren Videos zum Besten (er hat bei "100%" und "The Diamond Sea" Regie geführt), und ein Fan darf seinen mit Sonic Youth-Memorabilia tapezierten Raum zeigen. Hier kann man auch seine eigene Video-Playlist zusammenstellen. Gut so, denn das ganze Paket ist wahrscheinlich nur für harte Fans essentiell. Der Rest soll sich die Rosinen rauspicken!
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