laut.de-Kritik
Der Warp-Griesgram und die neue Leichtigkeit des Seins.
Review von Gregory BritschTom Jenkinson genießt als Squarepusher unter seiner treuen Anhängerschaft selbstredend großes Ansehen. Aber auch Popmainstream-Akteure wie die Neptunes, Outkasts Andre 3000, Thom Yorke oder Chilischote Flea, der ihn einmal im Überschwang mit 'the best electric bass player on earth' titulierte, geben sich als Bewunderer seines musikalischen Könnens zu erkennen. Selbst auf dem demnächst erscheinenden Soundtrack zu "Marie Antoinette" von Sofia Coppola wird wohl eines seiner Stücke enthalten sein. Ehre, wem Ehre gebührt, heißt es doch so schön.
Da passt es eigentlich vorzüglich ins Bild, wenn der deutsche Warp Records-Vertrieb Squarepushers neues, mittlerweile zehntes Album als das eingängigste seiner Karriere bezeichnet. Und der Genius selbst? Der sagt 'it's full of tunes'. Kaum zu glauben, irgendwie schwer vorstellbar. Und doch, nach dem schier willenlosen, gleichermaßen brillanten Album "Ultravisitor", seinem virtuosen, zwischen brutaler Extremität und simpler Schönheit oszillierenden Meisterwerk, nimmt sich Jenkinson für "Hello Everything" in seinem Tatendrang tatsächlich zurück. Ein wenig zumindest, eben für seine Verhältnisse.
Er, der seine Musik als nonkonform betrachtet und sie als Folge dessen ebenso arrangiert, der seine Hörer zu stimulieren und zu herausfordern sucht, präsentiert sein ganzes Repertoire – ohne dass dieses Mal, wie sonst üblich, der Gaul mit ihm vollends durchgeht. Jetzt offenbaren sich weitaus deutlicher als zuvor zahlreiche Momente von Anmut und die Pracht der Kompositionen von Jenkinson. Seine wunderschönen, manchmal auch fragil wirkenden Melodien gehen ein ums andere Mal mit gezupfter Akustikgitarre sowie sanfter Schlagzeugbegleitung eine wunderbar luftig entspannte Symbiose ein. Der alte Griesgram Squarepusher und die neue Leichtigkeit des Seins, könnte man meinen.
Wenn dann nicht dieses wahnsinnige Bassspiel immer wieder dazwischen funken würde. Der Bass, der sich zwischen den für Jenkinson obligaten Free Jazz-Frickeleien und ballernden Jungle-Drumsounds, zwischen den zwirbelnden Acidlines und den kaputten Breaks immer wieder Gehör verschafft, der einen einfach fortwährend in seinen Bann zieht. Gewiss, die stilistischen Gegensätze, die Brüche zwischen den Stimmungen in den Stücken selbst äußern sich weniger radikal, weniger drastisch, sie erfolgen dennoch immer konsequent in ihrer Umsetzung. Und selbst wenn hier von Eingängigkeit die Rede ist, Squarepusher bleibt immer noch Squarepusher.
Noch keine Kommentare