laut.de-Kritik
Brutalstmöglicher Bastard aus Jungle und Metal.
Review von Gregory BritschVom Cover blickt Ultravisitor Squarepusher. In Tom Jenkinsons Zügen zeichnet sich dabei ein Ausdruck von Gleichgültigkeit ab. Als wolle er sagen "Eure Kategorisierungen jucken mich nicht die Bohne", angesichts der vielfältigen Versuche seitens der Musikjournaille, Squarepushers Musik auf die Spur zu kommen. Das wird sich wohl auch mit dieser Platte nicht ändern. Denn auf "Ultravisitor" vollzieht Jenkinson wiederum auf kompromisslose Art und Weise die Umsetzung seines komplexen musikalischen Ansatzes.
Ein Erklärungsversuch: Für die einen schlicht Krach, für die anderen abstrakt, experimentell, mit Sinn dahinter. Und Konventionen interessieren ihn nach wie vor nicht, das macht seine siebte Platte für Warp ebenso deutlich. Dies unterstreicht schon der Beginn von "Ultravisitor". Hier zeigt sich Squarepushers bekannt verschrobener Highspeed-Jungle, der mit einer BOC ähnlichen Melodie durchzogen, hallend ausklingt und Platz macht für Jenkinsons Free Jazz-Kapriolen aus virtuosem Bass-Gefrickel ("I Fulcrum" & "Andrei") und einem mit Klängen aus dem Warp Nukleus kombinierten Schlagzeugspiel ("Lambic 9 Poetry").
Bei diesen Stücken offenbart sich mehr als deutlich sein Talent zur Improvisation. Zudem schafft Squarepusher ein für seine Verhältnisse geradezu besinnliches Ambiente, dem er jedoch bald wieder einen Riegel vorschiebt mittels Verzerrungen und Rückkopplungen zerraspelten Sprechgesangs auf "50 Cycles", gefolgt von einem Reigen aus Fiepsen, Piepsen und irrwitzig schnellen Breaks, gespickt mit einer Spur Acid ("Menelee"). Eine überraschende Wendung präsentiert dann wieder "C-Town Smash" durch Jenkinsons behände vorgetragene Improvisationen auf der Bassgitarre. Unterstützt vom Johlen und Klatschen eines unwirklichen Publikums, das sich im Übrigen als Sample-Schmankerl durch das ganze Album zieht.
Der vorläufige Gipfel des Wahnsinns offenbart sich jedoch auf "Steinbolt", wo Squarepusher den Häcksler anwirft und einen brutalst möglichen Bastard aus Jungle und Metal zum Leben erweckt, der dementsprechend alles wegbolzt. Wunderbar. Dem nicht genug, wechseln sich schräges Gedöns und Jenkinsons Frickelkünste ("An Arched Pathway") munter ab mit Rückkopplungen auf "Telluric Piece", gefolgt vom nächsten Höhepunkt in Sachen manischer Beatprogrammierung, Dissonanzen und Gebrösel: "District Line II". Unglaublich.
Gegen Ende lässt Jenkinson dann wieder Ruhe einkehren. Wobei auf "Terra-Sync" der Jenkinsonsche Spieltrieb seinen definitiven Klimax erreicht: über acht Minuten lang geht er im wahrsten Sinne voll ab und tobt sich an Schlagzeug und Bass aus. Handgemachter Drum'n'Bass, dank MIDI. Zwischen den Passagen leicht in psychedelische Gefilde abdriftend, macht Squarepusher auch vor Acid nicht halt und verlangt dem Bass alles ab. Jenkinson ist, daran lässt auch "Ultravisitor" keinen Zweifel, und bleibt Squarepusher. Egal was der Rest der Welt von ihm auch denken mag.
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