laut.de-Kritik
Allzu lieblich dudelt der Yuppie-Blues.
Review von Sven KabelitzRobert Cray hat den First World Problem-Blues. Mitte der 1980er mit MTV groß geworden, konnte er den für dieses Genre so tödlichen Sound dieses Jahrzehnts nie ablegen. Anstatt Gefühle zu transportieren, wirkt er in seinem weichgespülten Persil-Sound zwar immer unheimlich versiert, aber auch steril. Dank Steve Jordans Hochglanzproduktion stellt "In My Soul" keine Ausnahme dar.
Hielt Cray auf dem Vorgänger "Nothin But Love" die Spannung noch wenigstens über die ersten zwei Songs aufrecht, fällt dieses Mal bereits nach dem gelungenen Opener "You Move Me", in dem er sein klares Gitarrenspiel eindrucksvoll einsetzt, die Klappe. Was folgt dürfte die belangloseste Version des Otis Redding-Klassikers "Nobody's Fault But Mine" sein, die ich bisher gehört habe - und das schließt Nina Hagen mit ein. Die Schmonzette "Fine Yesterday" trieft förmlich vor Schmalz.
Schließlich wäre Crays Klarsichtfolienklang nur halb so schlimm, würden sich darunter gute Songs abzeichnen. Doch der Pop-Blues in "You're Everything" oder "What Would You Say" bleibt beliebig und austauschbar.
Ansonsten covert sich Cray eher uninspiriert duch Songs wie das von David Porter und Isaac Hayes geschriebene "Your Good Thing Is About To End". Nur mit dem fluffigen Instrumental "Hip Tight Onions" und dem von scharfen Bläsern durchzogenen "I Guess I'll Never Know" kommt noch einmal halbwegs Leben in die Bude.
Das höchste Ziel des verzichtbaren "In My Soul" scheint es zu sein, bloß nicht unangenehm aufzufallen oder gar zu stören. Lieblich dudelt Crays Yuppie-Blues durch die beschaulichen Vorstädte, in denen die sorglosen Achtziger niemals aufhören und der Marmorkuchen zum Abkühlen am Fenster steht.
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