laut.de-Kritik
Das Girl-Trio macht vieles richtig und es vielen recht.
Review von Yan TemminghoffDer Sister-Act The Warning aus Monterrey in Mexico spielt bereits seit der Kindheit zusammen. "Keep Me Fed" führt die so integre wie marktgerechte Marschroute aus schnoddrigem Indie-Rock britischer Prägung und kraftvollem Alternative Rock amerikanischer Machart fort.
Bei allem Zucker gibt es reichlich Zunder. Ob kraftvoll-zupackend wie im bedrohlich-dröhnenden "Sharks" oder leichtfüßig-hymnisch wie im mit Glam und Synthie-Wolken ausstaffierten "Hell You Call A Dream": die Mischung machts und verfängt. Mit dem spanisch-sprachigen "Que Mas Quieres" gibt's lyrische Street Credibility. Das Trio macht vieles richtig und es vielen recht.
Als die Mexikanerinnen mit "Queen Of The Murder Scene" eines der beeindruckendsten Konzeptalben des letzten Jahrzehnts herausbringen, sind zwei der drei Schwestern noch nicht volljährig. Die besungene Protagonistin, die aufgrund einer unerwiderten Liebe, den Lebenshalt verliert und in eine Psychose abgleitet, gestaltet die Band als emotionale Achterbahn, dynamisch und stilistisch vielschichtig aus. Anders dagegen "Keep Me Fed", das getrost als Partyalbum bezeichnet werden kann, auf dem die Punchlines der untergehenden Festivalsonne entgegengeschmettert werden und das die Birne manscht wie drei Tequila-Shots auf Ex. Das Energielevel bewegt sich auf einem Niveau, als hätten Billy Talent und Babymetal gemeinsame Sache gemacht.
Der Opener "Six Feet Deep" schickt die Hooks auf die Hüpfburg. Gitarrista Daniela "Dany" Villareal schaut Limp Bizkit-Gitarrero Wes Borland über die Schulter. Eine Prise Punk gefällig? "S!CK" holt den Knüppel aus dem Sack. Der Fuzz-Bass in "Burnout" holt den Hörer nach der Atempause in der Albummitte bestehend aus "Escapism" und "Satisfied" wieder da ab, wo er hin soll. Nämlich in den Pit! "Consume" und "Automatic Sun" halten das Energielevel mühelos.
Die Einflüsse finden sich selbstredend bei den langhaarigen wie Spandex-bebeinten Vertretern der männerdominierten Szene. Aber im Geiste von Künstlerinnen und Achtziger-Ikonen wie Joan Jett, Pat Benatar und der Hit-Songwriterin Holly Knight tragen sie die emanzipierte Flamme des gitarren-getriebenen Rock in die Gegenwart, wie es Bent Knee, Laura Cox, Samantha Fish oder The Last Dinner Party - in Sachen Attitüde und Auftreten Schwestern im Geiste - in der jüngeren Vergangenheit vorgemacht haben.
Man muss als Musikliebhaber nicht über jedes Stöckchen springen, das einem hingehalten wird. Auch der Hörer hat Vorlieben und Optionen, um in der Vielzahl und Vielfalt an Bands und Stilen seine akustische Erfüllung zu finden. Dennoch kommt man um manche Musiken nicht herum. Einmal weil die eigenen Geschmacksnerven getriggert sind und zum anderen wenn der fahrende Zug der Aufmerksamkeit, den eine Band entfacht, auf keinen Fall verpasst werden darf. So wie bei The Warning, die ähnlich wie Taylor Swift auf dem schmalen Grad zwischen Kunst und Klischee wandeln.
3 Kommentare
Total kraftlos. Fett produziert, aber wie n ganz typischer Pop-Act aus der Konserve, also rockts auf Platte tendenziell gegen null.
Wer "The Warning" verstehen möchte, der kommt um deren "Live-Auftritte" nicht herum. Der teilweise "Elektro-rock" gefällt hier sicher nicht jedem. Jedoch - die 3 besitzen etwas, was nicht jeder (mainstream) Musiker hat: Talent (jede der 3 auf ihre eigene Weise). Zudem ein Arbeitsethos, das seinesgleichen sucht. Es gibt kein schlechtes Konzert von "The Warning". Fast ausnahmslos sind ihre (aufgenommenen) tracks live besser. Das macht sie zu etwas Besonderem und führt zu ausverkauften Konzerten. Alben sind hier nur Teaser.
Album des Jahres, aber Live sind die Schwestern noch besser!