laut.de-Kritik
Weder draufgängerisch noch effekthaschend.
Review von Dani FrommAls wolle der Inhalt die rebellische Coverpose Lügen strafen: Mit "Here I Stand" dokumentiert Usher nachhaltig seinen Eintritt ins Erwachsenenleben. Ganz verschwunden sind glücklicherweise zwar weder der jugendliche Charmeur noch der Loverboy, der die Herzen der Damenwelt im Sturm nimmt.
Diese Seiten seiner Persönlichkeit stehen inzwischen jedoch unter der Kontrolle eines gereiften Sängers, der weder Draufgängertum noch Effekthascherei nötig hat, um Spuren zu hinterlassen.
Gleich das Intro erweckt diesen Eindruck, der sich im weiteren Verlauf verdichtet: Auch sich zunehmend üppiger entfaltende Begleitung lässt keinen Augenblick Zweifel aufkommen, dass sie nur zum schmückenden Beiwerk dient. Im Rampenlicht steht Ushers Gesang, der zuweilen dramatische Emotionalität auffährt, ohne dabei überspannt oder überzeichnet zu wirken.
Im Gegenteil: Usher erscheint fast ein bisschen oldschool, erinnert gelegentlich, so im Titeltrack, an Stevie Wonder, während sich an anderer Stelle schon mal ein Michael Jackson-mäßiger Jauchzer einschleicht.
Die Nachdenklichkeit, mit der er "His Mistakes" besingt, Schlafzimmerschnulzen wie "Trading Places" oder Tanzflächen-Kompatibles wie das disco-glitternde "This Ain't Sex" meistert er gleichermaßen authentisch.
Mit frisch gebackenen Vätern ist das ja immer so eine Sache: Viele werden pathetisch bis rührselig, wenn sie ihr greinendes Baby be-, an- oder in den Schlaf singen. Usher bewahrt sich auch hier, im zauberhaften Interlude "Prayer For You", eine über die Maßen sympathische, angenehme Bodenständigkeit.
Zahlreiche Produzenten treten an, um den angemessenen Rahmen zusammen zu klöppeln. Polow Da Don liefert den dunklen, schiebenden Beat zur den Ladys gewidmeten Single "Love In This Club", die leider weder im ersten Anlauf mit Young Jeezy, noch wieder aufgewärmt mit Beyoncé und Lil Wayne so recht in die Gänge kommen mag.
Während beide rappenden Kollegen derartig heiser und verschleimt wirken, dass man ihnen die Tüte mit den Rachendrachen reichen möchte, unterstreicht Beyoncés gewohnt perfekt gedrilltes Auftreten noch den unaufgeregten Charakter von Ushers Darbietung.
Nicht spannend, aber hübsch: J.R. Rotems ruhige Pianoballade "Will Work For Love" zum Abschluss. Ne-Yo, ebenso unspektakulär, arbeitet für "His Mistakes" gleichfalls mit Piano und Streichern, die zwar noch nicht klebrig wirken, den leidgeprüften R'n'B-Hörer jedoch auf der Hut sein lassen.
James Lackey bedient sich dagegen für "Lifetime" satter Bässe und flächiger Synthies. Jermaine Dupri fährt für die Kollabo mit Jay-Z ("Best Thing") die volle Breitseite auf, nachdem er in der optimistischen Nummer "Something Special" bereits zeigte, dass sich ein Song auch mit Akustikgitarre statt Bombast bestücken lässt.
Streicher- und E-Gitarrenklänge landen in "Moving Mountain" einträchtig nebeneinander. Hier wird, wie auch im herrlich schrägen "Appetite" der vollendete Ausbruch aus gängigen Klischees des Genres geprobt. Will.I.Am dagegen wird von den ewigen Claps, die die schlanke Komposition von "What's Your Name" beherrschen, in diesem Leben wohl nicht mehr lassen können.
Dennoch: Weder solches, noch die etlichen recht durchschnittlichen Titel, ja nicht einmal der fast schon billige Kirmestechno-Beat, der "What's A man To Do" verunziert, trüben das positive Gesamturteil. Mit "Here I Stand" präsentiert Usher ein wirklich schönes, ernsthaftes, eben ein im besten Sinne erwachsenes Werk.
6 Kommentare
Rachendrachen
Black Music ist und bleibt ein unberechenbares Terrain... Erfreulich das dies bei Usher nicht der Fall ist. Statt stehen zu bleiben und Schreiattacken a la "Yeah" immer wieder neu zu mixen schafft er es sich stetig weiter zu entwickeln. Dieses entwickeln würde man sich von so manchem Black Musiker auch wünschen... sogar von ganzen Herzen...
naja... ob der sich mit nem diddy, nem jermain dupri, einem lil jon(yeah), oder jetzt polow da don(throw some D's) grade den hypen producer dazu holt um einen hit zu basteln ist jetzt nicht gerade unberechenbar.
ich würd ja fast sagen, dass alles andere unberechenbarer ist (selbst sowas wie britney)
@Swingmaster Jazz (« [...]... sogar von ganzen Herzen... »):
na dann...
APPLE liefert den dunklen, schiebenden Beat => stimmt eher
und die nummer ist gar nicht so ohne
wenn de meinst