laut.de-Kritik
Rückschau auf elf Jahre Alternative-Kultur.
Review von Michael SchuhWie eine Diva posiert Courtney Love auf der ersten Ausgabe des Intro-Magazins vom Dezember 1991. Dazu hatte sie damals noch allen Grund, bildete ihre Band Hole doch zusammen mit den Babes In Toyland und L7 die krachige Antithese zu den gängigen Frauenbands aus der Bangles-Liga. Seither sind elf Jahre vergangen und während die "15 minutes of fame" an Hole bereits wieder vorbei gezogen sind, feiern die Intro-Macher die Vollendung ihrer 100. Magazin-Ausgabe. Und zwar wie es sich gehört: mit Tonträgern. Ja, Plural. Vorliegende Doppel-CD ist nur der erste Wurf, zudem erscheint eine limitierte 4-CD-Box sowie eine DVD.
Das hört sich alles gewaltig an, bedenkt man aber, dass hier wegweisende Tracks aus elf Jahren Alternative-Kultur zusammen finden sollen, wirds schnell mal eng auf dem Silberling. Und nicht jede Band, die den Intro-Leuten einst Tränen der Verzückung in die Augen trieb, rückte mit den Songrechten heraus, sonst hätte man hier sicher auch die Pumpkins, Placebo, Beck, Massive Attack oder die Band von Courtneys Ehemann angetroffen. Wehmut kommt aber erst gar nicht auf, wenn gleich nach Hole die Gebrüder Acher mit "The Incredible Change Of Our Alien" ungehemmt losprügeln. Kein Wunder, die Nummer ist aus einer Zeit, in der Weilheim-Bruder Gretschmann noch die Bedienungsanleitung seines Samplers studierte.
Ungeschlagen bleibt natürlich Monster Magnets Früh-Hit "Nod Scene", hier in einer bedröhnten Live-Version vertreten. Auch sonst dürfte der Indie-Fan um die 30 auf jede Menge alte Vertraute treffen. Die Breeders säuseln ihren "Divine Hammer", dEUS sind dabei und die hervorragenden Beiträge der Rock-Giganten Soundgarden ("Fell On Black Days"), Faith No More ("Ricochet") und Kyuss ("One Inch Man") wurden bedacht ausgewählt und sollten auch bei Spätgeborenen Hunger auf den Longplayer entfachen. Weezers "Buddy Holly" entstammt dagegen der Kategorie "Muss drauf, obwohl's keiner mehr hören kann", während Ministrys Kampfschrei "Jesus Built My Hotrod" wenigstens noch ein diabolisches Grinsen hervorzaubert. Sigur Rós bereiten nach den lauten Hives einfühlsam auf CD 2 vor.
Dort regieren nämlich Bits und Beats, die im Intro ja auch schnell auf Interesse stießen. Auf elektronischer Seite steht das techno-dubbige Mouse On Mars-Stück galant neben Trickys Über-Hit "Overcome". Jimi Tenors "Take Me Baby" kann man mittlerweile auch wieder hören. Egoexpress aus dem Lado-Stall gefallen mit ihrem House-Schieber "Telefunken", während Basement Jaxx' "Where's Your Head At" nach wie vor nervt.
Hip Hop-technisch wird das US-Dreigestirn Busta Rhymes ("Woo Hah!"), Missy Elliott ("Get Ur Freak On") und der Wu-Tang Clan ("Gravel Pit") mit ihren größten Hits gefeatured. Oldies but goldies. Aus der Heimat sind zum Glück die Fischmöbbe ("Dreckmarketing V 1.7") dabei und ohne die Beginner ("Füchse") wäre das ganze Projekt sowieso unglaubwürdig gewesen. Unterm Strich also eine recht gelungene Indie-Rückschau, die Spaß macht. Auf der limitierten Edition kommen dann noch Namen wie Oasis, Melvins, Turbonegro, Moloko und die Stereo MC's dazu. Woo Hah!
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