laut.de-Kritik
Tim Commerford spuckt Gift und Galle.
Review von Kai ButterweckTim Commerford ist stinksauer, enttäuscht und wütend. Sicher, die halbe Welt stürmt nach dem Überraschungssieg von Donald Trump auf die Barrikaden. Aber der Rage Against The Machine-Bassist geht, beim Anti-Trump-Feldzug vorneweg marschierend, noch einen Schritt weiter. Im Sommer sagte uns Commerford bereits, er halte Trump für einen Faschisten. Dieser Tage verglich er den frisch gewählten amerikanischen Präsidenten sogar mit Adolf Hitler.
Glücklicherweise hat jemand wie Tim Commerford aber eine Möglichkeit, all den angestauten Frust über die politische Lage im Hier und Jetzt in ungefilterter Form rauszulassen. Commerfords Ventil ist die Musik. Das war sie schon immer.
Nach Rage Against The Machine und Prophets Of Rage präsentiert der Bassist nun ein weiteres musikalisches Revoluzzer-Kollektiv, das es in sich hat. Mit seiner neuen Band Wakrat schließt Commerford seinen eigenen musikalischen Sozialisationskreis. Als er nämlich Mitte der Siebziger erstmals mit "populärer" Musik konfrontiert wurde, war an Genres wie Alternative und Crossover noch nicht zu denken.
Commerfords erste musikalische Helden hießen Vicious und Lydon. Und genauso energiegeladen und schroff wie die "Never Mind The Bollocks"-Urheber gehen auch Wakrat auf ihrem selbstbetitelten Debütalbum zu Werke. Vom ersten bis zum letzten Akkord geht es nur in eine Richtung: schnurstracks geradeaus.
Angereichert mit zahlreichen vertrackten Rhythmus-Spielereien heften sich Songs wie das eröffnende "Sober Addiction", das wütende Brett "The Number" oder der Gesellschafts-Arschtritt "Generation Fucked" an die Fersen all jener Bands, die in den Siebzigern und Achtzigern nur ein Ziel vor Augen hatten: dem Establishment so derbe wie möglich in die Suppe zu spucken.
Mit den beiden Franzosen Mathias Wakrat (Schlagzeug) und Laurent Grangeon (Gitarre) an seiner Seite, tobt sich Tim Commerford aber nicht nur in gewohnten Gefilden die Seele aus dem Leib. Neben der Position des Bassisten bekleidet er auch das Amt des Frontmanns. Erstmals in seiner Karriere als Sänger unterwegs, schreit, keift und brüllt Tim Commerford all seinen Ärger heraus. Da zuckt nicht nur Donald Trump zusammen, sondern auch all die anderen korrupten Bonzen und Politiker dieser Welt.
Mit dem erhobenen Sozialkritik-Stinkefinger und einem dreckig polternden Potpourri aus Oldschool-Punkrock und Hinterhof-Hardcore im Gepäck macht sich Tim Commerford erneut auf die Reise ins Dunkel. Zwar erfinden Wakrat das Polit-Punk-Rad nicht neu. Aber von revoltierendem High Energy-Krach kann man in diesen Zeiten gar nicht genug bekommen. Vielleicht gelingt es der Band sogar, dass der eine oder andere "Knucklehead" da draußen sich und seine Machenschaften irgendwann einmal hinterfragt. Wir drücken diesbezüglich kräftig die Daumen.
4 Kommentare mit einer Antwort
tatsächlich ein gutes bis sehr gutes album. hat mir gefallen. nicht komplett voll auf die 12 aber doch besser als das meiste, was heute als "punk" läuft. zwar kein "Make hardcore a threat again" aber kann man durchaus hören
Dieser Kommentar wurde vor 7 Jahren durch den Autor entfernt.
jetzt mal ehrlich und hand aufs herz. wenn du nicht weisst, dass es der rage basser ist... kommen dann wirklich reminiszenzen an die "hauptband"?
Ich mag rage sehr, tatsächlich, aber ich habe nicht auf dem schirm gehabt, was die (ehem?)mitglieder sonst so treiben. Und als ich dieses album das erste mal gehört habe, wusste ich auch nicht, wer da alles involviert ist.
Ich empfand es, als gutes bis sehr gutes Punk und recht passables HC album... aber ich hab da keinen RATM-vibe gespürt
Wenn ich es jetzt (hermeneutisch) mit dem vorwissen höre, oh es ist Tim Commerford, würde ich das vllt sogar auch sehen. aber ohne es zu wissen... kein rage feeling
Ich bin extrem Positiv überrascht, ok klar, textlich ist das ganze im Grossen und ganzen eine Gurke, einfach zu schwach ausgearbeitet. Aber Musikalisch hauen einige Songs so richtig Rein. 4v5 würde ich schon geben, da es wirklich Starke Power versprüht.
Die Musik geht in Ordnung, hier und da blitzt Rage auf. Der Gesang ist leider mittel-/unterprächtig, schade da wäre mehr drin gewesen. Aber Power ist drin in diesem Werk. 3/5