laut.de-Kritik

Ein Herzschmerz-Album für gut betuchte Kavaliere.

Review von

Langeweile gibt es im Kosmos von Maarten Devoldere aka Warhaus nicht. Als verführerischer und verruchter Dandy betrat er die Solobühne, der sinnsuchende und etwas irrlichtende selbst-betitelte Nachfolger zeigte zwar mehr von der Person am Mikrofon, doch verlor er sich zunehmend in Schönspielerei. Trotz einer zwischenzeitlichen Großtat seiner Hauptband Balthazar brauchte es für ihn persönlich eine Initialzündung. Ein paar Jahre später sollte ein gebrochenes Herz dazu dienen.

"Ha Ha Heartbreak", so legt es schon der Titel nahe, behandelt eine schwerwiegende Trennung, von der er sich erholen muss. Dafür schließt sich der Belgier für drei Wochen auf Sizilien ein und schreibt die vorliegenden zehn Songs. Eine durchaus ulkige Parallele lässt sich zu Ufo361 ziehen, der sich aus den gleichen Gründen ebenfalls in Italien einschloss für "Nur Für Dich".

Warhaus bleibt sich musikalisch auch beim dritten Werk treu, gibt sich indes zugänglicher sowie verspielter. Das Eröffnungstandem belegt dies eindrucksvoll: "Open Window" versprüht einen angenehmen "Café del Mar"-Vibe, verträumte Melodien tänzeln mit sentimentalem Klavier und Gitarren bei dramatischer Grundstimmung. Der Lounge-Funk "When I Am With You" schielt im Refrain Richtung Jungle und erinnert vom Habitus her an Malky. Obgleich textlich repetitiv, passt es wunderbar für einen Kurzfilm mit Sepia-Filter, während man mit dem Cabrio durch die Toskana gleitet.

Generell ertönt das Album cineastisch, denn Streicher evozieren unumgänglich große Leinwände. Warhaus selbst brummt weiterhin in einem tiefen Timbre, Vergleiche mit Cohen, Cave und Gainsbourg liegen nahe. Seine selbstbewusste Attitüde geht auch im Liebeskummer nicht flöten, er verzichtet zum ersten Mal auf eine weibliche Hintergrundstimme und besingt diverse Themenfelder aus einer erwachsenen, teils erhabenen Position heraus. Dies ergibt einen interessanten Standpunkt für den Hörenden, der Devolderes Geschichten in einem anspruchsvollen Rahmen genießt.

All dies kulminiert im famosen "Time Bomb", wenn eine anfangs sanfte Instrumentierung und windige Streicher Hinterhof-Charme erschaffen. Sobald der Bass nach drei Minuten einsetzt und Maarten energischer fleht, gar kratzig von seinem Leid klagt, dann erwächst daraus der ganz große Loungepop-Moment. Das darauffolgende "Desire" nimmt den Moment etwas launiger mit dank bezaubernden Melodien und einer verhuschten Oboe.

"Ha Ha Heartbreak" überzeugt darüber hinaus mit Abwechslung. Das coole "It Had To Be You" klingt mysteriös, basslastig und weist leichte 'Free Jazz'-Tendenzen auf, während das süßliche "Batteries & Toys" eine Abzweigung in marginal schnellere Singer/Songwriter-Gefilde nimmt. Das unheilvoll-bedrohliche "Shadow Play" beherbergt dissonante Töne, einen wehmütigen Chorus und bezirzt mit einem durch Gitarrensoli begleiteten Crescendo. Einzig dem recht simplen "I'll Miss You Baby" fehlt die Kraft und das gewisse Etwas, um qualitativ mitzuhalten.

Beim romantischen "Best I Ever Had" entpuppt sich Warhaus als Sympath, wenn er sich umringt von kristallklaren Bongos und flirrenden Streichern zu einem elegischen Refrain aufmacht: "All I ever wanted was a lot / To be your man was something I could not". Schnörkellos und ohne viel Aufhebens beendet er "Ha Ha Heartbreak". Wer auf Chanson-artigen Pop steht und wem das Auto der Arctic Monkeys strukturell zu abstrakt und künstlerisch wirkt, dem sei diese Beziehungsaufarbeitung ans Herz gelegt. Es lohnt sich.

Trackliste

  1. 1. Open Window
  2. 2. When I Am With You
  3. 3. It Had To Be You
  4. 4. Time Bomb
  5. 5. Desire
  6. 6. I'll Miss You Baby
  7. 7. Mondello's Melody
  8. 8. Batteries & Toys
  9. 9. Shadow Play
  10. 10. Best I Ever Had

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