laut.de-Kritik
Retro-Romantik mit punkigem Beigeschmack.
Review von David HutzelWilliam Pierce Butler, genannt Will, schien sich lange damit zufrieden zu geben, bei Arcade Fire wie wild über die Bühne zu rauschen. Während sein großer Bruder Win, immerhin Kopf der Band, sich in der ersten Reihe platzierte, zog Will seine Show stets eher im Hintergrund ab. Doch spätestens die Oscar-Nominierung für den Soundtrack zu "Her" stellte ihn als Individuum abseits des kanadischen Kollektivs heraus. Diese Ambitionen untermauert er mit seiner ersten Solo-Platte "Policy".
Das acht Songs umfassende Album umgarnt von Beginn an ein Gestrüpp aus zarten Americana-Wurzeln. Schon der Opener "Take My Side" dient als rotziger Kurier für die Botschaft, die Butler mit seinem ersten Solowerk verbreiten will: Wer muss schon experimentieren und ständig auf der Suche nach neuem Sound sein, wenn Retro-Romantik mehr Spaß macht? Ergeht es Butler also wie Arcade Fire nach "Reflektor"? Steht er bald als kalkulierender Retro-Recycler am Pranger?
Wenn an den erdigen Gitarrenrock des Openers mit "Anna" nahtlos ein Synthpop-Track anschließt, könnte man auf diesen Gedanken schon kommen. Butlers Musik will ausdrücklich Hommage sein. Sein Handwerkszeug legt er dabei jederzeit offen: Ihn bewegen meist Blues, Rock'n'Roll und eine Prise Doo Wop. Wo hätte man dieses Album also besser aufnehmen können, als in Jimi Hendrix' altem Wohnzimmer, direkt über den Electric Ladyland Studios?
Butler lässt sich in der guten halben Stunde nach Belieben gehen. Allein seine auf drei Akkorden gebaute Attitüde im punkigen "What I Want" führt den Pop von heute an der Nase herum: "Tell me what you want, baby / And I will get it!" Auf der einen Seite bespaßt "Policy" unglaublich mit diesen ungehaltenen Momenten. Trotzdem schwimmt in jedem Song des Albums das musikalische Mittelmaß mit.
"Something's Coming" zitiert zwar geschickt den DFA-Synth-Olymp der 2000er, klingt aber am Ende doch nur wie halbgarer Acid-Punk aus dem Jahr 2015. Ebenso "Sing To Me", dessen besserer Zwilling "New York I Love You, But You're Bringing Me Down" bereits vor knapp acht Jahren in die Klaviatur massiert wurde.
Butler schafft mit "Policy" einen unreifen Flegel, der nicht mit musikalischem Taktieren oder opportunistischer Suche nach der Sensation zu glänzen versucht. Doch egal, wie haltbar sein Solo-Debüt letztendlich sein wird: Dass er (anders als der Album-Titel nahelegt) ganz ohne Strategie und völlig impulsiv an die Sache heran geht, hebt ihn vom kalkulierenden Durchschnitt ab.
7 Kommentare
"Auf der einen Seite bespaßt "Policy" unglaublich mit diesen ungehaltenen Momenten. Trotzdem schwimmt in jedem Song des Albums das musikalische Mittelmaß mit."
bringt es ziemlich gut auf den punkt.
"anna" ist aber durchaus eine recht gute nummer.
auch wenn ich mich immer an rheingold's "fanfanfanatisch" erinnert fühle.
https://www.youtube.com/watch?v=0xZxpd23iuU
3 sterne ? euer ernst ? die platte ist eine großartige entschaedigung fuer die vielen ausfaelle (aus arcade fire sicht) auf reflektor.
ja finde auch das drei sterne unter aller sau sind @mister x, wobei,... immerhin wird es gerade noch als eher gut eingestuft
3 sterne waeren 5 oder 6/10 !
6/10 kommt dem ganzen doch recht nah.
Langweilig genau wie das letzte Arcade Fire. Wenn man die Vorstadt verlässt und nach mehr strebt kommt so was raus.