laut.de-Kritik
Lässt die High-Tops glühen und die Knicklichter schmelzen.
Review von Martin TenschertDas zweite Boys Noize-Album nach "OiOiOi" hat der ehemalige Kid Alex Ridha seinen lechzenden Rave-Fans rechtzeitig zur beginnenden Club-Saison aufgetischt. Zwölf kraftstrotzende Tracks stehen dem Albumtitel "Power" in nichts nach. Als vielbeachteter DJ- und Live-Act hat sich Ridha für eine clubkompatible Produktionsweise entschieden, die aber ausgewogen und nicht zu "noizig" angelegt ist.
Mystische und discoide Elemente finden im Noizeschen Musikuniversum gleichsam Platz, der Album-Opener "Gax" etwa fällt angenehm relaxed aus. Das Hauptaugenmerk liegt aber selbstredend auf dem Rave-Aspekt, der Abfahrt und der Pogo-Tauglichkeit. Nicht umsonst folgen Heerscharen Röhren-behoster und Neon-bebrillter Jünger dem Raverfänger aus Hamburg weltweit zu seinen Gigs. Dieser lebt und arbeitet zwar seit einiger Zeit in Berlin, der düstere Acid-Sound von beispielsweise "Starter" oder "Transmission" klingt aber nach Kaiserkeller und Digitalism. Letzteres erinnert trotz netter Italo-Melodie leider stark an Tigas "What You Need".
Dieser Umstand bleibt aber auch der einzige Wehrmutstropfen, lupenreine Disco-Hits wie "Jeffer" beweisen die Eigenständigkeit und Ideenvielfalt des Wahlberliners. In die gleiche Kategorie fällt auch "Sweet Light" mit Mr. Oizo-Zitaten und French-House-Romantik. Ein Monster-Break mit Spieluhrenmelodie macht dann die Bude endgültig klar. Minimales kann man auf "Power" auch vernehmen, "Nerve" versucht sich in der Reduktion der Elemente. Das große Techno-Theater bleibt aber die bevorzugte Spielstätte des Boys.
In diesem Sinne gibt er den Tänzern auch ordentlich Zucker: "Trooper" mit analogen Drums oder das Oldschool-infizierte "Nott" lassen die High-Tops glühen und die Knicklichter schmelzen. 1-2-3-TEKKNO! Die Stücke sind einem strukturierten DIY-Gedanken entsprungen. Ridha wusste, was er wollte, ohne die Produktion zu überladen. Eine lässige Nonchalance schwingt ebenfalls bei "Rozz Box" mit, das ein wenig melancholischer aber keineswegs weniger euphorisch angelegt ist. Die Beats erfahren bei diesem Stück eine etwas vertracktere, breakigere Struktur, die Synthies könnten dem Maschinenpark eines Paul Kalkbrenner entsprungen sein.
"Heart Attack" klingt so gar nicht nach einem solchen; vielmehr trifft Ambient auf verträumte Afterhour-Zwischenwelten. Ist das noch das Stroboskop oder schon die Sonne? Weiterhin findet ein Sample, das man aus einem Stück von Lexy und Haito kennt, in "Heart Attack" einen neuen und passenden Kontext. Herr Noize stillt auf diesem Werk zwar die Gier nach Rave-Katharsis, beschreitet aber auch lobenswerterweise verschlungenere Pfade.
Diese Herangehensweise befördert die Werkschau vom reinen Club-Ding zum mehrdimensionalen Konzeptalbum.
8 Kommentare
Ich freu mich schon auf die Remixe.
Ich halte vom Kid Alex sowie auch Boys Noize Sound überhaupt nix. Da hör ich lieber in das neue Vitalic Album rein.
Die Remixe könnten aber nicht schlecht werden, da hat er über mir recht.
Was für Remixe erwartet ihr denn, wurde da was angekündigt?
Die Jeffer Remix-EP ist ja schon draussen
+ Tiga und sicherlich werden da noch 1-2 Kollegen von Institubes was zu sagen haben. Denn den Jeffer Remix von Para One fand ich enttäuschend.
Der Beste im Geschäft.Super Album. Muste aber n bisschen reinhören.
"Oi Oi Oi" war um Klassen besser.