laut.de-Kritik
Die Proggies aus Down Under zementieren ihren Status.
Review von Yan VogelBands aus Down Under sind in Sachen Prog Metal mittlerweile dem Status als Geheimtipp entwachsen. Karnivool, Plini und Caligula's Horse gelten hier als treffende Beispiele, die das Genre in den letzten Jahren geprägt haben.
Caligula's Horse zementieren ihren Stellenwert als Australia's Finest, den sie sich mit "Bloom" und "In Contact" erarbeitet haben. Ob hoch zu Ross wie im überbordenden Longtrack "The Ascent", subtil wie im Ruhepol "Resonate" oder himmelhochjauchzend wie im Hook-Monster "Oceanrise": Stets bleibt das Quintett auf "Rise Radiant" seiner Linie treu. Dies liegt an den Kreativköpfen, Sänger Jim Grey und Gitarrist Sam Vallen, die keine Vergleich mit den Vorbildern wie Dream Theater, Devin Townsend und Fates Warning scheuen müssen.
Die Platte besticht mit eine enormen Vielseitigkeit. Anders als auf den Vorgängern partizipierte der Rest der Formation am Songwriting-Prozess. In "The Tempest" überzieht ein wahrer Prog Metal-Sturm die auditiven Sinne: klar formuliert, klassisch strukturiert. Vergleichbar den britischen Kollegen von Haken kommen Härte und Melodie gleichermaßen zum Tragen. Bezogen auf die Frisuren der Protagonisten, visualisieren die Emo-Tolle, der Metalhead und der Hipster-Look die musikalische Bandbreite.
"Slow Violence" entpuppt sich als Grower. Die Djent-Exkurse sowie die emphatischen Lyric-Linien mit biblischem Bezug haben einen starken Alternative-Backround. "Salt" hingegen besticht mit einem epischen Arrangement, Blast Beats, viel Tastenarbeit und modaler Harmonieführung, die dem Jazz entlehnt scheint. Beiden Songs zu Eigen ist, dass sie in Sachen Rhythmus dem Groove von R'n'B- und Hip Hop-affinen Acts wie Leprous und Bent Knee näher stehen als dem klassischen Prog Metal à la Dream Theater.
Die folgenden drei Tracks zeigen hohe Qualität, allerdings trübt die Anlehnung an bekannte Songs ein wenig den frischen Eindruck. Natürlich zieht der Einwand, dass bei zwölf verfügbaren Noten der Raum möglicher Ton-Kombinationen begrenzt ist und dies das jeweilige Genre nochmals enger definiert. Dennoch sind die Vergleiche ohrenfällig.
"Oceanrise" nimmt das Stakkato-Riffing sowie das Arrangement des Leprous-Meisterstücks "The Price" zum Anlass, zieht sich jedoch mit einem faszinierenden Refrain aus der Affäre. In "Resonate" klingt das neueste Werk "Pitfalls" der norwegischen Artrocker durch, und auch ein gewisser Steven Wilson hinterlässt seine Spuren im musikalischen Gedächtnis der Australier. "Valkyrie" reitet auf den Sound-Schwingen, die TesseracT mit "Sonder" zur Perfektion getrieben haben.
Sam Vallens Gitarrenarbeit öffnet die Tür in Richtung Eigenständigkeit. Der 32-Jährige platziert stilsichere Soli und patente Riffs. Die abschließenden zwanzig Minuten rechtfertigen allein bereits den Kauf. Die Ballade "Autumn" changiert zwischen Folk, Klassik und Chanson. Die persönliche Reflexion des Elterndaseins ist, was die Erforschung des Klangraumes betrifft, nicht frei von Kitsch und Kino. Ein wenig Theatralik gehört in diesem Metier aber einfach dazu.
"The Ascent" geht als zehnminütige Berg- und Talfahrt ins Ziel, die bei allen stilistischen Wechseln den einzelnen Parts genügend Raum zur Entfaltung lässt. Der facettenreiche Gesang und die poetische Textgestaltung von Jim Grey erlangen künstlerische Weihen gleichermaßen wie sie die Herzen erreichen und sind mit "musikalischer Lyrik" treffend umschrieben. Einziger Ausfall: Beim Blick aufs Cover bricht sich Romantik Bahn und man wähnt sich im Setting eines idyllischen Heimatfilms. Den Aufstieg von Caligula's Horse hält jedoch auch ein Hirsch-Hintern nicht auf.
1 Kommentar
feines Album. Vielleicht das Beste bis jetzt. 5 Sterne von mir,