laut.de-Kritik

Mehr Metal als das Gros der Szene.

Review von

Doros Doppelschlag "Forever Warriors, Forever United" zeigt die ganze Ambivalenz des Metals: Von Freiheit und Liebe schwärmen, aber gleichzeitig als Soldat dem Metal bis aufs Blut verhaftet bleiben. Insofern splittet die 55-jährige Powerröhre ihr neues Werk in zwei Parts: einen harten ("Forever Warriors") und einen sanften ("Forever United").

Die Marathonfrau des Metal hat in ihrer 35 Jahre währenden Karriere des Öfteren langen Atem bewiesen. Leider geht ihr auf der Distanz eines Doppelalbums trotzdem die Puste aus. Dass in Balladen Herzen brechen, in Rock'N'Roll-Krachern Blut aus den Schweißporen rinnt und schmissige Metal-Standards vom Zusammenhalt der Szene künden, ist spätestens beim jeweils dritten Surrogat ins Stammhirn eingraviert.

Dabei singt Doro extrem stark und vor allem authentisch. Kein Wunder, bannt die Ex-Warlock-Sängerin meistens First Takes aufs Band. Zudem ist die zierliche Grande Dame des Metals mit einer einzigartigen Ausstrahlung gesegnet, die nichts von ihrer Relevanz verloren hat. Sie geht unbeirrbar ihren Weg, so plakativ das auch auf den ersten Blick wirken mag. Aber Doro hat den Metal, speziell dessen sogenannten Female-fronted-Ableger, entscheidend mitgeprägt und auch in den Dürrejahren des Grunge die Fahne hochgehalten.

Des Weiteren verfügt sie über eine Freundesliste, für die jeder Metaller durchs Feuer ginge. Ihrem langjährigen Mentor Lemmy Kilmister (Motörhead) zollt sie mit der Coverversion des eher unbekannten "Bastards"-Tracks "Lost In The Ozone" und der Hommage "Living Live To The Fullest" Tribut und beweist mit der gleichzeitig emotionalen wie rauen Umsetzung Feingespür für das Werk der Chefwarze. Auch zweieinhalb Jahre nach dem Ableben des Motörhead-Fronters sitzt die Trauer über den Verlust noch tief. Der Blick auf die Endlichkeit des Unzerstörbaren hat jedoch hörbar Energien freigesetzt.

Die zahlreichen Gäste im Opener "All For Metal", einer unverkennbar an "All We Are" angelehnten Hymne, von Mille, dem leider verblichenen Warrel Dane (Sanctuary, Nevermore), Jeff Waters (Annihilator) über Sabaton, Chuck Billy (Testament) bis hin zu Ross The Boss (Ex-Manowar), gehen zwar im kollektiven Ganggeshoute unter, machen sich aber gut im Video oder als Sticker auf der Platte. Bei Johan Hegg (Amon Amarth) revanchiert sich Doro für den Gastauftritt auf "Jomsviking". Das Duett "If I Cant Have You – No One Will" gerät für ihre Verhältnisse sehr düster und offenbart eine bissig-garstige Seite in ihrem Timbre. Den Kontrapunkt hierzu setzt Helge Schneider mit einem gefühlvollen Saxofon-Solo im Track "Backstage To Heaven". Hier offenbart sich einerseits Doros stilistische Offenheit, andererseits der Jazz-Background des Katzeklo-Komponisten.

Hauptverantwortlich für die meisten Songs und deren Produktion zeichnet, wie schon auf dem Vorgänger "Raise Your Fist", der ehemalige The Sisters Of Mercy-Gitarrist Andreas Bruhn. Daneben griffen Whitesnakes Doug Aldrich sowie Ex-Warlock Tommy Bolan für Doro in die Saiten. Auch mit der Coverversion der Whitesnake-Schmonzette "Don't Break My Heart Again" schließt sich für die Rheinländerin der Kreis, hieß ihre erste richtige Band doch Snakebite.

Dennoch fehlt der Platte die Organik einer gut eingespielten Band. Die meisten Songs wirken dementsprechend wie auf ihre Live-Tauglichkeit heruntergebrochene Fragmente, die vor allem von den Refrains leben. Doros Relevanz speist sich, wie bei vielen Metal-Größen, aus der Zeit der Achtziger. Daran knüpft sie an und dafür gebührt ihr Respekt. Vielleicht ist sie musikalisch nicht mehr so knackig, wie sie sich auf dem Artwork gibt. Dafür ist Doro mehr Metal als das Gros der Szene und trotz einer gehörigen Ladung Retro noch immer bedeutend, was sich vor allem an ihrer Stellung im Billing der Metal-Festspiele von Wacken in den letzten Jahren zeigt.

Trackliste

CD 1

  1. 1. All For Metal
  2. 2. Bastardos
  3. 3. If I Can't Have You - No One Will (feat. Johan Hegg)
  4. 4. Soldier Of Metal
  5. 5. Turn It Up
  6. 6. Blood, Sweat And Rock 'n' Roll
  7. 7. Don't Break My Heart Again
  8. 8. Love's Gone To Hell
  9. 9. Freunde Fürs Leben
  10. 10. Backstage To Heaven (feat. Helge Schneider)
  11. 11. Be Strong
  12. 12. Black Ballad
  13. 13. Bring My Hero Back Home Again

CD 2

  1. 1. Résistance
  2. 2. Lift Me Up
  3. 3. Heartbroken (feat. Doug Aldrich)
  4. 4. It Cuts So Deep
  5. 5. Love Is A Sin
  6. 6. Living Life To The Fullest
  7. 7. 1000 Years
  8. 8. Fight Through The Fire
  9. 9. Lost In The Ozone
  10. 10. Caruso
  11. 11. Tra Como E Coriovallum (Instrumental)
  12. 12. Metal Is My Alcohol

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