laut.de-Biographie
Therion
Blitzkrieg nennen Christofer Johnsson (Gesang, Bass), Peter Hannson (Gitarre) und Oskar Forss (Drums) 1987 ihre erste Band, die sie in Väsby, einem Vorort von Stockholm in Schweden gründen.
Musikalisch orientieren sie sich an Faves wie Slayer, Metallica, Venom und auch Motörhead. Lange halten sie aber nicht durch, und als sie sich ein Jahr später wieder auflösen, wechselt Chris zur Gitarre und startet mit Peter Megatherion.
Zu diesem eher von Celtic Frost beeinflussten Versuch stößt wenig später wieder Oskar dazu, und gemeinsam geht es schwer in Richtung Death Metal. Als dann Erik Gustafsson von Dismember zum Line-Up stößt, verkürzen sie den Namen auf Therion.
Nach zwei Demos auf verticken sie Nummer drei ("Time Shall Tell") auf Vinyl über einen lokalen Plattenladen und ergattern einen Deal bei Deaf Records, wo 1991 "Of Darkness" erscheint. Auf dem Album sind ausschließlich ältere Songs zu finden, die sich von den neuen doch deutlich unterscheiden. Der Sound geht in Richtung Progressive Death Metal und die Texte sind mwhr als politisch angehaucht.
Da Chris von Celtic Frosts "Into The Pandemonium" schwer begeistert ist, geht das neue Material weit über die Grenzen des Death Metals hinaus. Auch die mystischen Texte der Schweizer Pioniere beeindrucken die Band.
Mit Album Nummer zwei wechseln Therion zu Active Records. Bevor die Aufnahmen beginnen, kratzt Erik die Kurve - Chris und Peter übernehmen die Bassparts. "Beyond Sanctorum" erscheint 1992 und geht textlich deutlich in die okkulte Ecke. Nun flattern endlich die ersten Auftrittsangebote aus dem Ausland auf den Tisch - die nur Chris wahrnimmt.
Oskar entschließt sich nach der Geburt seines zweiten Kindes auszusteigen, und Peter tritt aufgrund gesundheitlicher Probleme kürzer. Als Drummer holt sich Chris in der Folge Piotr Wawrzeniuk, Andreas Wahl zupft den Bass und mit seinem alten Kumpel Magnus Barthelsson kommt ein zweiter Gitarrist.
Da außer ihm also kein weiteres Urmitglied mehr an Bord ist, und er noch weitere musikalische Experimente plant, überlegt Chris, ob er den Bandnamen ändern soll, entscheidet sich aber letztendlich dagegen.
Das '93er-Album "Symphony Masses: Ho Drakon Ho Megas" zeigt Therion eigenständig wie nie. Neben verstärktem Einsatz von Keyboards gibt es leichte orientalische Einflüsse, Jazzparts, Ausflüge in die Gothic- und Industrial-Richtung und einiges mehr zu hören. So passen sie auch nur bedingt in ein Tourpaket mit Grave und den Franzosen von Massacra.
Da es mit dem Geld verdienen noch immer hapert, suchen sich Magnus und Andreas normale Jobs und hängen die Musik erst mal an den Nagel. Fredrik Isaksson greift fortan in die vier Saiten, ein zweiter Gitarrist bleibt aber außen vor. Und kurz nachdem Chris das Angebot der Schweizer Messiah angenommen hat, deren Album einzugrunzen, treten Nuclear Blast auf den Plan und machen Therion ein anständiges Angebot.
Die erste Nuclear Blast-Veröffentlichung hört auf den Namen "Lepaca Kliffoth" und kommt 1995 unters Volk: Mehr Experimente machen die Band interessanter und unberechenbarer denn je. Zum ersten Mal greift Chris auch auf klassische Sänger zurück. Seine musikalischen Vorlieben, die inzwischen Bands wie Klaatu, Pavlov's Dog, Eloy oder Pink Floyd gelten, treten ebenfalls mehr in den Vordergrund.
In Deutschland stehen Therion im Anschluss an die Veröffentlichung mit Annihilator auf der Bühne und in Argentinien und Chile kommen ein paar Headliner-Shows dazu. An der zweiten Gitarre steht ein weiterer Kumpel von Chris namens Tommy, und da Fredrik nicht mit auf die Tour kann, hilft Lars Rosenberg von Entombed am Bass aus und steigt kurz darauf auch fest bei den Schweden ein.
Chris kommt inzwischen an einen Punkt, an dem er selbst nicht mehr singen will: seine Stimme trägt die neuen Kompositionen nicht. Ihm ist klar, dass er entweder bessere Aufnahmebedingungen und vor allem einen Chor braucht - oder er löst die Band schlicht und ergreifend auf. Er bespricht die Problematik mit dem Nuclear Blast-Chef Markus Steiger und findet bei ihm glücklicherweise Gehör.
Mit dem Ex-Unanimated-Klampfer Jonas Mellberg steigt ein zweiter Gitarrist ein, und im Hamburger Impuls Studio beginnen '96 die Aufnahmen zum wichtigsten Therion Album "Theli". Neben einem Rock- und einem Klassik-Chor singt auf dem Album vor allem Dan Swanö (Ex-Edge Of Sanity/Nightingale), ein paar Vocals steuern Piotr und Chris bei.
Obwohl er selbst damit höchst glücklich ist, geht Chris davon aus, dass das Album aufgrund der Komplexität floppt und erzählt Piotr, dass Therion wohl bald Geschichte sein werden. Dieser stimmt zwar nicht ganz überein, beginnt aber nach einer kleineren Tour vor dem Endmix des Albums mit einem Geschichtsstudium. Als die Scheibe dann erscheint, setzt sie innerhalb eines Monates doppelt so viele Einheiten ab, wie der Vorgänger.
Amorphis wollen die Band auch mit auf Tour nehmen, doch nicht nur, dass Jonas ausgestiegen ist, die Chöre müssen auf der Bühne ja auch irgendwie umgesetzt werden. Mit ein paar Amateursängern, dem Necrophobic-Klampfer Tobias, dem schon bekannten Tommy (dieses Mal aber als Drummer, da Piotr studiert) und Kimberly Goss (Ex-Dimmu Borgir/Sinergy) als Keyboarderin sowie Sängerin zieht der Tross los und räumt kräftig ab.
Auf Tour saugt Lars dann jeden Tropfen Alkohol in seiner Umgebung auf, die Sopranistin hat ein akutes Drogenproblem und der Tenor singt von Tag zu Tag schlechter. Die drei werden später gefeuert, doch dank der anhaltend guten Verkäufe können sie auf der zweiten Tour mit Sentenced und My Dying Bride auf zwei professionelle Sopranisten und wieder auf Piotr zurückgreifen, der den Tenor übernimmt.
Die Nachfrage nach Therion reißt nicht ab, weswegen gar eine dritte Tour mit Lake Of Tears und Crematory anläuft. Auf ihr arbeitet die Band erstmals mit Sarah Jezebel Deva (Ex-Cradle Of Filth) zusammen.
Zur Feier des zehnjährigen Bestehens erscheint 1997 "A'arab Zaraq Lucid Dreaming", auf der neben einigen unveröffentlichten Songs aus der "Theli" Session auch ein paar Coverversionen und Chris' Soundtrack zum Kunstfilm "The Golden Embrace" zu hören ist. Was die Zukunft der Band angeht, ist alles in trockenen Tüchern, nur kann man de facto nicht mehr von einer Band sprechen, da Therion nur noch aus Chris und vielen Gastmusiker besteht.
Um seine Ideen im Studio entsprechend seinen Vorstellungen umsetzen zu können, engagiert er neben Dauerkumpel Tommy die beiden professionellen Studiomusiker Wolf Simons (Drums) und Jan Kazda (Bass). Das '98er Werk "Vovin" kann man somit guten Gewissens als Soloalbum bezeichnen.
Auf dem Album sind zum ersten Mal echte Streicher zu hören, und die Verkaufszahlen sind erneut doppelt so hoch wie beim Vorgänger, was nicht zuletzt daran liegt, dass es melodischer und eingängiger geraten ist. Als weitere Gastmusiker sind die ehemalige Dreams Of Sanity-Sängerin Mastina Hornacher Astner, Primal Fear-Fronter Ralf Scheepers, sowie die beiden Produzenten Waldemar Sorychta (Grip Inc./Despair) und Siggi Bemm am Start, die beide ein paar Gitarren beisteuern.
Bei der Co-Headlinertour durch Europa mit Moonspell hilft Tommy wieder an der Gitarre aus. Kim steht am Bass, Sarah und Martina übernehmen die Sopran-Stimmen und Kims Freundin, die eine recht tiefe Stimme hat, die männlichen Gesangsparts. Drummer Sami Karppinen ist zunächst nur für die Tour engagiert, steigt aber kurz darauf fest ein.
Über letzteren lernt Chris Kristian Niemann (Gitarre) und dessen Bruder Johan (Bass) kennen, die sich ebenfalls dem Line-Up anschließen. Auf "Deggial" (2000) spielen die neuen Mitglieder zwar alle mit, jedoch stammt das Material beinahe gänzlich von Chris und ist deutlich komplexer geraten als "Vovin".
Prominenter Gastsänger ist dieses Mal Hansi Kürsch von Blind Guardian. Die Schweden greifen nun auf ein komplettes Symphonie-Orchester zurück. Gemeinsam mit Chris' Jugendhelden von Voivod und dem Support Flowing Tears gehen Therion auf Headlinertour durch Europa.
Danach steht Chris der Sinn nach einer von nordischer Musik und Mythologie beeinflussten Scheibe, woraus schließlich "Secret Of The Runes" entsteht. Textlich handelt es sich dabei um die neun Welten der nordischen Mythologie. Auf dem 2001 erscheinenden Album bekommt auch Kristian die Möglichkeit, sich am Songwriting zu beteiligen.
Therion haben inzwischen ihr eigenes Modern Art Studio und können dort in aller Ruhe arbeiten. Als besonderes Special wird die Scheibe mancherorts als Package mit Thomas Karlssons Buch "Uthark" angeboten. Mit Evergrey und My Insanity promoten sie das anspruchsvolle Album in Europa und auch auf einer Tour durch Lateinamerika.
Obwohl alles gut läuft, entschließt sich Sami, die Band zu verlassen, um sich auf die Arbeit als Engineer und Studiomusiker im Modern Art Studio zu konzentrieren, nicht jedoch ohne für Therion einen exzellenten Ersatz zu finden: Richard Evensand. Da sie während der Tour diverse Live-Mitschnitte aufgezeichnet haben, bringen die Jungs zu ihrem 15-jährigen Jubiläum "Live In Midgard" raus.
Wieder von der Tour zurück zeigt sich, dass sie über 50 Songs parat haben, die Album-tauglich sind. Therion wollen nun ein Doppelalbum veröffentlichen, doch auch hier gilt es, endlose Diskussionen zu führen, welche Tracks in Frage kommen.
Als die Aufnahmen abgeschlossen sind, haben nicht weniger als 171 Leute ihren Beitrag geleistet. "Lemuria/Sirius B" steht Ende Mai 2004 in den Läden. Auf den folgenden Touren sitzt jedoch nicht Richard hinter den Drums - er verzettelt sich mit zu vielen anderen Projekten - sondern ein Sessiondrummer.
Zwischenzeitlich schieben Kristian und Johan Niemann noch ihr Projekt Demonoid an, an dem auch Christofer erheblichen Anteil hat. Gemeinsam mit Trail Of Tears und Trisania grasen sie im Anschluss ganz Europa ab und kehren im Sommer 2005 für einige Open Airs zurück.
Danach stehen die Staaten auf dem Programm, wo gelegentlich Beyond The Embrace eröffnen. Im März 2006 meldet sich Christofer unerwartet zu Wort, allerdings um der Welt mitzuteilen, dass er seinen Job am Mikro bei Therion und auch bei Demonoid fortan an den Nagel hängen will.
Das eröffnet ganz neue Möglichkeiten, die aber erst später ausgeschöpft werden sollen. Zunächst steht Anfang Mai ein gigantisches Boxset an: Unter dem Titel "Celebrators Of Becoming" erscheinen vier DVDs und zwei CDs, die die Geschichte von Therion detailiert abdecken, wie dies zuvor wohl bei noch keiner Band geschehen ist.
Im Oktober 2006 sind die Arbeiten am nächsten Album soweit abgeschlossen, dass erste Infos durchsickern. Das Line-Up der Band besteht nun aus Chris, den Brüdern Kristian (Gitarre) und Johan Niemann (Bass) und Drummer Petter Karlsson. Zu Fronter Mats Levén gesellen sich neben den üblichen Chören noch zwei weitere Gaststimmen.
Zum einen ist das erneut Karin Fjellander, die schon auf früheren Alben zu hören ist, und zum anderen Tausendsassa Snowy Shaw (Ex-Dream Evil oder King Diamond). Allerdings ist genau der Gesang die größte Schwäche von "Gothic Kabbalah" und macht die Scheibe zu einer der schwächsten Veröffentlichungen von Therion.
In Polen scheint die Scheibe kein Problem für die Fans zu sein, denn in Warschau nehmen sie vor vollem Haus "Live Gothic" auf. Neben Mats und Snowy sind noch die beiden Sängerinnen Lori Lewis und Katarina Lilja dabei. Da aber auch "Sitra Ahra" bei den Fans nur mäßig gut ankommt, trennen sich nach dem Album die Wege von Band und Label.
Dennoch bleiben die künstlerischen Ansprüche von Christofer groß und so wagt man sich 2012 mit "Les Fleurs Du Mal" an eine Gedichtsammlung von Charles Baudelaire, mit entsprechend französischen Texten und Einflüssen. Doch künstlerischer Anspruch und musikalische Qualität liegen leider auch weiterhin weit auseinander.
Ans Kürzertreten denkt der Schwede aber keineswegs. Während er nebenbei anlässlich des 15-jährigen Bandjubiläums tourt, Liveaufnahmen veröffentlicht und das Sideproject Luciferian Light Orchestra ins Leben ruft, nimmt er 2012 seinen großen Traum wieder auf: Eine Oper zu schreiben. Den ursprünglichen Ansatz, ein klassisches Werk zu verfassen, verwirft er zu diesem Zeitpunkt zwar wieder und arrangiert die bereits Anfang des Jahrtausends in diesem Zuge entstandenen Entwürfe als Symphonic Metal-Stücke um. Das neue Ziel lautet: Die Therion-Version von "Jesus Christ Superstar" zu schaffen.
Als Anker für die Storyline verwendet Christofer Wladimir Solowjews "Kurze Erzählung vom Antichrist", entfernt sich schlussendlich jedoch weit vom Buch. "Geopolitische Anleihen strichen wir raus. Wir möchten einfach unterhalten", erklärt der Musiker im Interview. Auch in die Hauptrollen greift er aus verschiedenen Gründen entscheidend ein: "Im Buch gab es nur männliche Charaktere. Die erste Aufgabe war also, ein bisschen Balance hinzuzufügen. Sowohl aus musikalischen Gründen als auch um die Geschichte etwas aufzupolieren. Der Antagonist des Antichristen im Buch ist Pater Johannes, doch er hat eine eher begrenzte Rolle und ist ein langweiliger alter Mann. Stattdessen habe ich also Johanna erfunden, die seinen Platz einnimmt. Sie ist vergleichbar mit dem Charakter von Jeanne d'Arc und hat jetzt die zweitwichtigste Rolle in dem Stück."
Insgesamt komponiert der Bandboss Noten für vier Stunden Musik, kürzt "Beloved Antichrist" aber letztlich auf drei Stunden zusammen. Auch wenn Therion direkt im Anschluss eine Welttournee starten, ist die Arbeit an dem sich über drei Akte erstreckenden Mammutwerk damit noch keineswegs abgeschlossen. Denn Christofer möchte "Beloved Antichrist" nicht als Album, sondern vielmehr als Bühnenwerk verstanden wissen und in großem Rahmen in die Musicalhäuser dieser Erde bringen. "Passiert das nicht, wäre es eine schwere Niederlage für mich", erklärt er. "Also seid euch sicher: Es wird passieren!"
2 Kommentare
Kleine Korrektur, 2012 war das 25-jährige Jubiläum und die Wege von Nuclear Blast und der Band haben sich nach SA nicht getrennt, NB wollten lediglich Les Fleurs du Mal nichts veröffentlichen, die neueren Releases aber schon.
Ich persönlich mag die Alben "Gothic Kabbalah" und "Sitra Ahra" thematisch und musikalisch sehr. In the year 6000, the Qliphoth of the Tree Of Knowledge on the Sitra Ahra will still remain victorious. The (weak) messiah won't appear.