laut.de-Kritik
Lieber Soul, Funk, Disco und Hip Hop als Techno-Exzess.
Review von Simon LangemannDass Fritz Kalkbrenner und Mia innerhalb von einer Woche mit ein und der selben, durchaus coolen Coveidee ums Eck kommen, sorgte bereits lange im Vorfeld für Verwirrung. Ob es sich dabei wirklich um Zufall handelt, blieb bis zum Release ungeklärt. Den dahinter verborgenen musikalischen Inhalt gestaltet der Berliner jedenfalls angenehmer.
Für Vergleiche mit dem großen, mittlerweile weltbekannten Bruder bot sich der erste Langspieler "Here Today, Gone Tomorrow" trotz durchaus eigenständigem Stil noch teilweise an. Mit "Suol Mates" distanziert sich Fritz Kalkbrenner dagegen deutlich vom technoiden Grundstein vergangener Tage und huldigt stattdessen seinen eigentlichen Wurzeln: Soul, Funk, Disco und Hip-Hop.
Doch statt nach dem hochgelobten Debüt gleich eine weitere Studioplatte an den Start zu bringen, steuert er mit dem neuen Werk den ersten Teil zur neuen Suol Music-Mixreihe bei. Auf der mit 70 Minuten prall gefüllten Scheibe nimmt Kalkbrenner den Hörer mit auf eine abwechslungsreiche Zeitreise durch seine Plattensammlung. Das bunte Programm verschmelzt er dabei mit Tempo-Anpassungen und schicken Übergängen zu einer homogenen Einheit mit Live-Set-Charakter.
Nach kurzem SoulPhiction-Intro findet man sich im Black Milk-Instrumental "U's A Freak B*tch" wieder, das mit souligem Vocal- und Streicher-Sample vor Retro-Feeling nur so strotzt. Und ähnlich nostalgisch geht es in der ersten Hälfte der Spielzeit auch weiter: Jazzfunk-Veteran Roy Ayers ist mit dem Percussion-lastigen aber melodischen Track "Funk In The Hole" vertreten, Plantlife-Sänger Jack Splash steuert bei "When She Smiles She Lights The Sky" im Falsett einen der wenigen Gesangsparts bei.
Aus RJD2s großem Repertoire pickte sich der Berliner mit dem emotionalen "Clean Living" (2004) ebenfalls einen der altmodischeren Tracks heraus, wirre Bläser- und Keyboard-Einlagen dominieren dagegen Odissees "When Everything Changed". Auch die Verneigung vor Boombap-Größen wie J Dilla ("Won't Do") und Pete Rock ("Back On Da Block") bleibt beim bekennenden Hip-Hop-Fanatic Fritz Kalkbrenner natürlich nicht aus.
Mit Lawrence' Deep-House-Nummer "Precious Hall" macht er dann die Biege zum elektronischeren Abschnitt der Platte. In der Folge überwiegen moderner produzierte, clubtaugliche Stücke wie Fantastic Mans geradliniges "From Start To Finish" und Robag Wruhmes wunderbar melodischer Schlusspunkt "Robellada".
Sein Vintage-Faible verliert Kalkbrenner dabei nur selten aus den Augen, wodurch der Techno-Exzess auf "Suol Mates" komplett ausbleibt. Und so eignet sich sein Mix mit der oftmals harmonischen Atmosphäre trotz aller Tanzbarkeit auch oder vor allem für entspannte Abende.
Wer sehnsüchtig auf neues Fritz Kalkbrenner-Material wartet, dürfte sich zumindest an den beiden Tracks erfreuen, bei denen seine markante Stimme erklingt: Der "Here Today, Gone Tomorrow"-Hit "Right In The Dark" erstrahlt dank Henrik Schwarz' Piano-Remix in neuem Licht, bei "Ruby Lee" handelt es sich um eine gelungene Coverversion des gleichnamigen Bill Withers-Klassikers.
Eine größere Palette an Styles und Stimmungen lässt sich in einem derart runden Set kaum unterbringen. Und mit Freude vernimmt man die Ankündigung des Labels, man könne das Soul- und Funk-lastige "Suol Mates" auch als "einen Ausblick auf Fritz' nächste Schritte" betrachten. Leuchtende Techno-Sterne gibt es am Berliner Nachthimmel schließlich schon genug.
4 Kommentare
Da bekommt man beim Anschauen des Covers ja echt einen Knoten in den Sehnerven... Compilation klingt spannend, auch wenn oder vielleicht gerade weil ich nicht so der Techno-Fan bin.
@HarriVedertschi (« Compilation klingt spannend, auch wenn oder vielleicht gerade weil ich nicht so der Techno-Fan bin. »):
das hat mit Techno auch nicht viel zu tun
Tja, diese Review hat mich zu Black Milk geführt, vielen Dank dafür, der Typ is genial.
@Django77 (« @HarriVedertschi (« Compilation klingt spannend, auch wenn oder vielleicht gerade weil ich nicht so der Techno-Fan bin. »):
das hat mit Techno auch nicht viel zu tun »):
klar ist das techno!