laut.de-Kritik
Reloads der Jazzkantine: Schubidu geht gar nicht!
Review von Kai KoppSpätestens seit "School Of Rock" wissen wir um die Wut und die Unzufriedenheit mit der Gesamtsituation, die der Rockmusik ihre energische Stimme borgt. Der Doktrin, nach der Motörhead, AC/DC, Van Halen, Black Sabbath, Kiss und Metallica ihre Riffs von der Bühne rotzen, wohnt nicht umsonst eine gehörige Portion Rebellion, Auflehnung, Widerstand, Ungehorsam, Empörung, Protest, Opposition, Zorn, Angriffslustigkeit und Einspruch inne.
Jazzkantine plays Heavy Metal. Eigentlich eine gute Idee. Eigentlich! Denn wenn Tom Gaebel auf der zum Bigband-Swing mit Heiterkeitsfaktor 100 verkommenen AC/DC-Hymne "Highway To Hell" den Crooner mimt, stimmt etwas nicht. Melodisch und harmonisch zu nah am Original und stilistisch zu eindeutig, um originell zu sein. Zu flott und unbekümmert, um der Textzeile "Highway To Hell" annähernd Respekt zu zollen. Zu wenig Tanzmusikwitz, um Senor Coconut das Wasser zu reichen. Und letztlich zu ironisch, um ernst genommen zu werden. Aber zu ernst, um ironisch zu sein!
Wenn Sexmob "An der schönen blauen Donau" (Johann Strauß) oder die Ballermann-Hymne "Macarena" (Los Del Rio) durch den Jazzwolf drehen, wenn Brad Mehldau "Dear Prudence" (Beatles) oder "Paranoid Android" (Radiohead) verarztet. Wenn Angelique Kidjo U2s "Mysterious Ways" afrikanisiert oder das Panzerballett "Ein bisschen Frieden" intoniert. Immer dann gelingt, was bei "Hell's Kitchen" in die Hose geht.
Etwas Gutes gedeiht weder bei Van Halens "Jump", der sich am Bossa abmüht, noch bei der Ballade "I Was Made For Loving You" (Kiss). Nicht bei "Ain't Talking Bout Love" (Van Halen), dem Dr. Ring Ding den Reggae-Stempel verpasst und Nils Wogram die Posaune schwingt. Und nicht während des sanft funkenden "Paranoid" der Schwermetall-Institution Black Sabbath.
Das Metallica-Cover von Xavier Naidoo liefert den ersten Hörspaß. Dass er singen kann steht außer Frage, und so wird hier andeutungsweise sichtbar, was ein Rework auszeichnet. Doch auch auf "Nothing Else Matters" lehnt sich der Blues nicht sonderlich weit aus dem Fenster.
Der von Max Mutzke synkopierte Funk "Back In Black" (AC/DC), punktet ordentlich, kann den Heavy-Metal-Karren aber nicht aus dem Klischeesumpf ziehen. Verboten gehört das smoothe Instrumental "Smoke On The Water" (Deep Purple). Schubidu geht gar nicht!
Dem hauseigenen Jazzkantine-Sänger Cappuccino gelingt auf "Iron Horse" (Motörhead) zwar der Rockröhrenhabitus. Nur: wozu? Da das Playback schwer an eine Weinfest-Tanzmucker-Version erinnert, haken wir die Geschichte einfach ab. Dieselbe Verfahrensweise gilt für alle nichterwähnten Titel.
Raubt man dem Rock seinen zornigen Habitus, kommt entweder grandiose Kunst oder ein Haufen Müll raus. Da die Reloads der Jazzkantine sich an der Abarbeitung der jeweiligen Stilklischees abmühen, gilt für "Hell's Kitchen" Zweiteres. Selbst die anfänglich unterstellte Ironie verpufft allzu schnell in den überstrapazierten Genreschablonen. Germany: Zero Points!
7 Kommentare
Nach allem, was ich öffentlich zur Probe hören kann, ist das Album für meine Ohren ein Totalreinfall. Bereits der Opener "Highway To Hell" klingt, wie eine 10er (Packung) Valium wirkt. Xavier N. ist auch kein wahrer Lichtblick. Dabei spielt -zugegeben- ein wenig die Tatsache mit, daß ich grundsätzlich sein Gejammer (unabhängig von den stimmlichen Qualtitäten) leider nicht ertragen kann.
Die ganze Jazz- und Swing-Chose passt einfach nicht zu den Rocksongs, da geht nichts zusammen, das gehört auch nicht zusammen.
Zahnlos und ohne jeden Biss, da nützen auch keine ab und an (ganz selten) eingeschobenen "Dritten" etwas. Leider ganz ganz übel: "Smoke On The Water". Lustlos, monoton und müde runtergeklampft. Nach 6 gehörten Tracks (die übrigen spare ich mir) frage ich mich schlicht: was erlauben Struuuunz
Sorry, null Balken, null Sterne.
Jan ist wieder da *freu*
Mir ist auch nicht klar warum alle glauben dass dieses Album sowas besonderes ist.
"Richard Cheese" macht das schon seit Jahren in höchster Perfektion, dagegen ist dieses Album ein kläglicher Versuch.
Ich finde das Experiment Rock/Metal Klassiker in Swing Versionen zu verwandeln ziemlich cool, denn eine richtig gute Swing Band kann auch ordentlich drücken.
Sehr gutes Beispiel ist "Enter Sandman" von Richard Cheese.
Wooaaah... totaler Verriss!!? Da musste ich mich doch gerade vom Wahrheitsgehalt der Review überzeugen und hab mal kurz reingehört. Ok, man darf sicher nicht nach 30-Sekunden Song-Schnippseln urteilen, aber das was ich da gehört hab, entsprach exakt der Review.
Mal ganz von den Sänger(inne)n abgesehen, klingt allein die Band schon recht uninspiriert. Groove? Fehlanzeige. Und der Gesang hätte wirklich deutlich druckvoller ausfallen müssen. Ich wüsste nicht, bei welcher Gelegenheit ich mir das freiwillig anhören würde.
Vielleicht hätte das Projekt klappen können, wenn wirklich alle mindestens 100% (besser 200%) gegeben hätten. Vielleicht hätte man es auch (nach ein oder zwei Runden Freibier) in einem dreckigen kleinen Jazz-Schuppen während einer Jam Session aufnehmen müssen?
Wenn man sich die (mehr oder weniger) üblichen Verdächtigen unter den Review-Sites anschaut, ist man entweder sehr bemüht, halbwegs gnädig mit dem Album umzugehen....oder es wird gepflegt und durch die Blumen verrissen. Auch mal im Gewande leichter Ratlosigkeit, was sowas denn soll.
[url=http://www.koelner.de/kritiken/cds/cds/922… wenn die Ratlosigkeit zwischen den Buchstaben durchschimmert, lobt man halt die "handwerkliche Perfektion".
Igitt. Und sowas hat den "Jazz" in seiner Namensgebung. Es ist eine Schande und der letzte Müll. Die Platte gehört eingestampft und verboten. Jazz und Swing verdienen besseres...