laut.de-Kritik
Die US-Alternative-Legende wildert in allen Genres.
Review von Kai ButterweckJe oller, je doller? Im Falle der Melvins scheint diese Redensart auf jeden Fall zuzutreffen, schließlich präsentieren die Jungs um Bandchef Buzz Osborne mit "Hold It In" bereits das vierte Studioalbum innerhalb von zwei Jahren. Und das nach über dreißig Jahren Businesszugehörigkeit.
Nach dem Coveralbum "Everybody Loves Sausages" und dem Melvins Lite-Output "Tres Cabrones" geht es auf "Hold It In" um das Verbinden uralter Wurzeln verschiedener Gewächse. Dafür haben sich die Washingtoner zwei langjährige Kumpels mit ins Studio genommen, nämlich die beiden Butthole Surfer Paul Leary und Jeff Pinkus.
Die Zusammenkunft der vermeintlich durchgeknalltesten Altherren-Speerspitzen der Alternative-Branche lässt so einiges vermuten, nur keine Langeweile. Bis das zusammengewürfelte Kollektiv allerdings so richtig in Fahrt kommt, dauert es ein bisschen. Doomiger Hinterhof-Sludge der alten Schule ("Bride Of Crankenstein") und extraterrestrischer Indie-Rock ("You Can Make Me Wait") reißen zu Beginn nur bedingt vom Hocker.
Mit der hysterischen 70s-Rock-Verneigung "Brass Cupcake" kommt im Anschluss endlich etwas Leben in die Bude, wenn sich melodiöse Grundstrukturen mit chaotischen Spielereien am Mikrofon paaren. "Barcelonian Horseshoe Pit" kann man hingegen wieder getrost überspringen. Hier wird nur uninspiriert an den Reglern rumgedreht. Auch das folgende "Onions Make The Milk Taste Bad" hat bis auf den witzigen Titel nur wenig zu bieten. Abgehackte Gitarren, Background-Gegrummel aus der Garage und das verzweifelte Suchen nach Zwischen-Pointen bestimmen den Song.
Seltsamerweise wollen die gezielt obskuren Einwürfe der Verantwortlichen so gar nicht zünden. Weder die siebeneinhalbminütige Mr. Bungle-Erinnerung "The Bunk Up" noch das abschließende "House Of Gasoline", das so klingt, als hätte man einen Haufen Grubenarbeiter in fünfzig Meter Tiefe vom Ende der Welt in Kenntnis gesetzt, verdienen sich das Prädikat wertvoll.
Letztlich sind es ausgerechnet banduntypische Geradeausfahrten wie der bereits erwähnte Glam-Rocker "Brass Cupcake", der Honkytonk-Schunkler "I Get Along (Hollow Moon)" oder das kratzige Metal-Grunge-Biest "Piss Pisstopherson", mit denen sich die Melvins und ihre Begleiter ins Ziel retten. Die stehen auf dem Siegerpodest dafür aber umso breitbeiniger im Rampenlicht.
1 Kommentar
Irrtum. "Bride of Crankenstein" ist ein fantastischer erster Track. Hatte schon lange keinen so hartnäckigen Ohrwurm mehr von den Melvins. Ich kann generell nur sagen, daß mir fast alle Stücke sehr gut gefallen, die dem Rezensenten nicht gefielen - bis auf You Can Make Me Wait. Reinhören ist Pflicht, es sind immerhin die Melvins!