laut.de-Kritik

Mit dem Segen der Black Keys.

Review von

"Hallelujah! Don't Let The Devil Fool Ya": Dieser Plattentitel schreit geradezu nach dem Blues. Aber so eindeutig ist die Sache nicht. Trägt die Platte doch die Handschrift der Black Keys aus den Easy Eye-Studios in Nashville. Dan Auerbach werkelt dort oft mit Berufsmusikern - Robert Finley ist erst seit dem Rentenalter einer davon. Darüber hinaus kennt er sich mit dem Innenleben von Fluggeräten aus: Anfang der Siebziger reparierte er Hubschrauber und war als G.I. in Deutschland stationiert.

Erst mit Mitte 60 legte er sein Debütalbum vor, als er aufgrund einer Sehbehinderung seinen Beruf als Dachdecker aufgeben musste: "Für die Welt scheint es so, als wäre ich aus dem Nichts gekommen, aber es war ein 52 Jahre langer Kampf, um hierher zu kommen", sagte er damals. Eine optische Stilikone ist der sonnenbebrillte Hut- und Lederliebhaber mit auffällig gemusterten Hemden und Gürteln geblieben.

Dass es überhaupt zu Plattenaufnahmen gekommen ist, hatte auch mit Zufällen zu tun, bei der zweiten LP kam besagter Dan Auerbach ins Spiel. "Ich wusste nicht, wer er ist", so Finley. Dan hatte sich gerade an The Arcs probiert, suchte neue Herausforderungen und dirigierte Finley im Studio: "Ich sage dir, was du singen sollst, und sing' es einfach so, wie du meinst." Buchstaben und Musiknoten sieht Finley keine mehr. Die Zusammenarbeit klappte exzellent. Beide traten live und im Fernsehen auf, produzierten einen Comic-Soundtrack sowie die Alben "Goin' Platinum!", "Sharecropper's Son", "Black Bayou" und jetzt "Hallelujah! Don't Let The Devil Fool Ya".

Die Albentitel erzählen direkt Geschichten: "Goin' Platinum!" rekurriert auf Roberts spontane Begeisterung über Auerbachs Grammy-Statuen. Platin bedeutet eine Million verkaufter Tonträger in den USA, "El Camino" erreichte tatsächlich diesen Wert. "Sharecropper's Son" bezieht sich auf das ungünstige Pachtverhältnis des sogenannten Sharecroppings, einem rechtlichen Relikt aus der Zeit der Sklaverei: Finleys Vater war ein solcher 'Sharecropper'.

Der Musiker wuchs auf einer Farm auf. "Black Bayou" erzählt von der Heimat des Gitarristen in Louisiana. "Hallelujah! Don't Let The Devil Fool Ya" referiert nun auf Roberts Religiosität, seine Nähe zur Kirche, in "I Am A Witness" explizit auf Gott und Jesus. In "His Love" heißt Gott 'He/His', in "I Wanna Thank You" nennt er ihn in Gospel-Manier 'Lord'. Nur handelt es sich nicht um Gospel-Aufnahmen, sondern um ein Gemisch aus knittrigem Vintage-Rock, schwungvollem Southern Soul, so mancher Stax-Inspiration, würzigem Hot Sauce-Americana, lärmendem Electric R'n'B, psychedelischem Blues und Wurlitzer-Gewusel.

Dieses Album führt, wie so vieles, das Dan Auerbach als Producer anpackt, klappriges Schlagzeug und Charakterstimmen zusammen - hier einschließlich der überzeugenden Background-Sängerin Christy Johnson. Eine E-Orgel wird mit voll aufgedrehten Verstärkern konfrontiert. Auerbach persönlich bringt punktuell eine Pedal Steel ein ("His Love") oder klatscht in die Hände ("I Wanna Thank You").

Der Hauptakteur, der schätzungsweise 72-jährige Robert Finley, konzentriert sich vollends darauf, sich die Stimme aus dem Leib zu kläff-singen. Dabei demonstriert er ab der ersten Minute eine ganz eigenartige Aussprache, Intonation und Stimmmodulation. Anachronistisch mag das vielleicht wirken. Aber es ist ein bisschen wie bei der Geschichte von Sixto Rodriguez: Es steckt viel Herzblut drin und ein entbehrungsreiches Lebens voller harter Arbeit und Sehnsucht danach, diese Musik mit einem Publikum zu teilen.

"His Love" fasst das Leben als "Ups and downs" zusammen. Finley gießt diese Kurve ganz bewusst in lange Songs - einmal sechs, zweimal sieben und einmal gar über acht Minuten lang. Die schwingende Ballade "His Love" stellt ein beeindruckendes Monument weltlich gewordener Kirchenmusik dar. Orgel-Freaks sollten sich "On The Battlefield" anhören.

Bei den kürzeren Tracks empfiehlt sich das psychedelische Wunderwerk "Holy Ghost Party". Der Song wartet ab, köchelt Erwartungen hoch und präsentiert den betagten Sänger auf Sopran-Ebene. Hinzu kommt ein Videoclip, in dem surreale Farbblenden, wilde Schnitte und übereinander gelegte Collagen-Bilder die unwirkliche Stimmung des Stücks sensationell gut flankieren.

Trackliste

  1. 1. I Wanna Thank You
  2. 2. Praise Him
  3. 3. Holy Ghost Party
  4. 4. His Love
  5. 5. Helping Hand
  6. 6. Can't Take My Joy
  7. 7. On The Battlefield
  8. 8. I Am A Witness

Preisvergleich

Shop Titel Preis Porto Gesamt
Titel bei http://www.amazon.de kaufen Finley,Robert – Hallelujah! Don't Let The Devil Fool Ya €19,97 €3,00 €22,97

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Robert Finley

"Age Don't Mean A Thing" hieß das Debütalbum von Robert Finley, das der Sänger und Gitarrist 2016 über das Label Big Legal Mess Record veröffentlichte.

Noch keine Kommentare