laut.de-Kritik

Die Stacheln des süßen Igels sind reine Makulatur.

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Nachdem Skrillex mit "Quest For Fire" ein beeindruckendes Comeback vorlegt, serviert er einen Tag später den Nachschlag "Don't Get Too Close". Dem Cover zufolge dürften wir uns auf ein künstlerisch weniger ausladendes Album und eher auf die sanfte sowie melancholische Seite Sonnys einstellen mit einigen scharfen Spitzen. Auch hier treten wieder unzählige Featuregäste ans Mikrofon, dieses Mal sogar mit mehr Mainstream-Appeal durch Kid Cudi, Justin Bieber oder auch Don Toliver.

Thematisch spannt Skrillex den Bogen zum anderen Album mit dem ersten Song von fast identischem Namen. Musikalisch geht es in die schon erwartbare ruhigere Richtung mit sphärischen Vocals und weichen Dub-Synths. Der stimmige Liquid-Drum'n'Bass "Way Back" mit einem etwas verschenkten Trippie Redd und der Deep House-Moombathon "Selecta" zeugen von einer feinen Afterhour, bei der man erschöpft noch den letzten Schluck Gin Tonic runterspült und zu den Beats schunkelt. Man fühlt freudig erfüllt und bereitet sich auf den Heimweg vor.

"Ceremony" fungiert indes als Wegweiser, wohin sich der Rest des Albums bewegt. Yung Lean und Bladee nuscheln sich durch den per se handwerklich stabilen Two-Step, was ein durchwachsenes Bild hinterlässt. Sonny scheint sein kreatives Maximum auf "Quest For Fire" ausgeschöpft zu haben und fischt leider in arg seichtem Pop-Gewässer ohne ersichtlichen Drang für Kreativität. Das ist extrem schade und ein grober Kontrast. Die spitzen Stacheln des Igels verkommen zu bloßer Makulatur.

Bladee tut sich wirklich keinen Gefallen auf "Don't Get Too Close", nervt er mit seinem Genöle ebenfalls in "Real Spring". Kid Cudi gibt sein Bestes, doch aufrichtiges "Summertime"-Feeling will nicht aufkommen. Dazu noch anbiederner Pop-Trap in "Bad For Me" mit völlig wahllosen Zeilen von Chief Keef: "Girl, you bad for me like cigarettes / Girl, you bad for me, bad intention / Bad for me, tobacco / Bad for me like the ghetto / Pull strings like Gepetto / I got chips, where the queso?".

"3am" und "Don't Go" schauen einen mit großen mitleidigen Augen an, doch das reicht einfach nicht, um überzeugend zu sein. Vor allem, wenn man bei Zweitgenanntem billigsten Pop-R'n'B dahinsülzt. "Mixed Signals" hat Potenzial, doch auch Swae Lee bleibt unter seinen Möglichkeiten.

Der Titeltrack kurz vor Schluss lässt noch einmal aufhorchen. Zu einer mäandernden Steeldrum gesellen sich dissonante E-Gitarrentöne sowie Synthies, und Bibi Bourellys schöner Gesang versetzt in Trance-ähnliche Zustände. Es entpuppt sich als gar liebenswert, wenn sich Skrillex höchstpersönlich die Ehre gibt. Ein schlicht zuckersüßer Song, dem man im Grunde nicht widerstehen kann.

"Don't Get Too Close" eignet sich fürs Radio und bespielt munter Spotify-Playlisten. Es wirkt wie der kleine, eingeschüchterte Bruder von "Quest For Fire", der nicht so recht weiß, wohin mit sich und lieber zuhause unter einer Kuscheldecke chillt. Ein Album für Gelegenheitshörer ohne große Ansprüche, das sicherlich sein Publikum findet, jedoch Sonny im Energiesparmodus zeigt.

Trackliste

  1. 1. Don't Leave Me Like This
  2. 2. Way Back
  3. 3. Selecta
  4. 4. Ceremony
  5. 5. Real Spring
  6. 6. Summertime
  7. 7. Bad For Me
  8. 8. 3am
  9. 9. Don't Go
  10. 10. Don't Get Too Close
  11. 11. Mixed Signals
  12. 12. Painting Rainbows

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