laut.de-Kritik
Faszinierendes Bindeglied zwischen Glam und Rock.
Review von Artur SchulzGlamrock! Ein Begriff aus den frühen siebziger Jahren, der noch heute für wohlige Schauer sorgt. Besonders zwei Namen stehen unverrückbar als Wegbereiter für diesen mitunter skurril zelebrierten Musikstil. Der eine ist David Bowie und der andere natürlich Marc Bolan mit seiner Formation T. Rex.
Aufstieg und Fall eines Stars, seine Wiederkehr und ein viel zu früher Tod: Bolan füllt den Mythos um Sex, Drugs und Rock'n'Roll mit prallem Leben. Für rund drei Jahre von 1971 bis 1973 bestieg der Brite den Rock-Olymp, um danach gnadenlos abzustürzen. Neben anderen Großtaten jener Zeit besticht vor allem das bahnbrechende Album "Electric Warrior" von 1971.
Der Opener "Mambo Sun" vereint gleich eine ganze Menge typischer T.Rex-Ingredienzien. Über verschleppte Rhythm And Blues-Beats sägen stakkatohaft messerscharfe Gitarrenlicks. Streicher tauchen auf und verwirren mit bewusst eingesetztem Pop-Appeal. Einen tiefen Einblick in Bolans Seele erlaubt der "Cosmic Dancer", der dann einige Tracks später auf seine "Planet Queen" trifft. Marc zelebriert auf voller Albumlänge seine Lust an märchenhaften Fantasy-Lyrics mit großer Hingabe.
"I was dancing / when I was eight" klingt aus dem Munde des selbst noch sehr jungen Bolan zutiefst altersweise, melancholisch zurückblickend und wehmütig. Die krude anmutende Mischung aus Rockballade mit Pop-Applikation ist höchst reizvoll inszeniert. Allerlei unerwartete Sound-Einschübe führen gegen Ende gar zu einem Abstecher in die Psychedelik der späten Sechziger.
"Electric Warrior" enthält zwei untadelige Vertreter der Sparte Mega-Hit. Der "Jeepster" japst hechelnd und atemlos seiner großen Liebe hinterher. Gäbe es die Kategorie Easy Rock-Listening, hätten T.Rex damit sicher einen Grundstein gelegt. Ausgestattet mit munter umher hüpfenden Beats jagt "Get It On" quecksilbrig und bis heute unkaputtbar über den Rockpop-Dancefloor. Co-T.Rex Mickey Finn absolviert hier mit enthusiastischem Bongospiel einen seiner stärksten Auftritte.
Neben den bekannten Nummern hält "Electric Warrior" eine Menge weiterer hörenswerter Songs bereit. Für den "Monolith" fährt Produzent Tony Visconti einen souligen Hintergrundchor auf, der Bolans eindringlichen Gesang wirkungsvoll umschmeichelt. Zwischendurch sorgt eine quengelnde E-Gitarre für abgefahrene Space-Sounds. Der "Lean Woman Blues" vermengt gekonnt Bolans exaltiertes Britrock-Dandytum und hautnahe Mississippi-Atmosphäre. "The Motivator" streunt mit typischen T.Rex-Licks irgendwo im großen Garten des Rock'n'Roll herum.
Musikalisch bedienen sich Bolan und Co. meist im Kernfundus des klassischen Rock'n'Roll. Im eigentlichen Gerüst dadurch aufs Wesentliche reduziert, sorgt die untadelige Produktion von Tony Visconti für eine damals brandneue Auffassung des alten Erbes. Dass der verpönte Pop dabei einen großen Raum einnimmt und in dessen Händen sogar als Veredelung erfährt, ist und bleibt ein besonderes Verdienst Viscontis.
Der ganz große Hype um T. Rex endete bereits um 1973/74 herum. Noch einmal landete Marc nach Band-Umbesetzungen 1974 einen kleinen Hit. Sein durchgeknallter "Teenage Dream", eine Mischung aus Glam, Rock, Pop und einem satten Schuss Musical-Theatralik, bedeutete den endgültigen Abgesang auf eine Ära. Der Zeitgeist hatte sich längst gedreht, Disco stand schon vor der Tür.
In den späten Siebzigern geisterte Bolan, mit mittlerweile kurz geschorener Frisur und viel Pomade in den Haaren noch immer durch Medien und TV-Shows. Der ganz große Hit wollte jedoch nicht mehr gelingen. Gleichzeitig protegierte er eine Menge Künstler einer gerade entstehenden neuen Musikbewegung, dem Punk. Marc arbeitete intensiv mit Acts wie Billy Idols Generation X, den Boomtown Rats und The Damned. Am 16. September 1977 verunglückte Bolan - kurz vor seinem 30. Geburtstag - bei einem Autounfall tödlich.
"Electric Warrior" muss man musikalisch in erster Linie dem Rock zuordnen. Für den Glam sorgte Bolan. Nicht nur wegen seines erotischen Gesangsstils, auch dank der Optik: Neben grellen, farbenfrohen Outfits scheute er sogar den damals noch verpönten Einsatz von Kajal und Lidschatten nicht. Das Album besitzt weniger Glam als spätere T.Rex-Werke, ist historisch aber als höchst bedeutsames Bindeglied zwischen Rock und Glam einzustufen.
In der Rubrik "Meilensteine" stellen wir Albumklassiker vor, die die Musikgeschichte oder zumindest unser Leben nachhaltig verändert haben. Unabhängig von Genre-Zuordnungen soll es sich um Platten handeln, die jeder Musikfan gehört haben muss.
3 Kommentare mit 2 Antworten
Sehr schön. T.Rex habe ich schon ewig nicht mehr gehört, bin aber damals (Als ich die Band entdeckt habe, nicht in den 70ern), total drauf abgefahren. Ein Kumpel von mir hat zur selben Zeit ein wahnsinniges Faible für Guns'N'Roses entwickelt, und ich konnte nie verstehen, wie man die einer Band wie T.Rex vorziehen konnte... will sagen: Verdienter Stein.
Ich dachte, es kommt was von Fischmob?!
Männer wie Johannesberg können seine Gefühle halt sehr wohl zeigen, auch wenn er nicht gefragt haben worden war.
Hehe, nennt man Content Guerilla Marketing Promo Phase
Yes, T.Rex werden absolut unterbewertet! Das mal ein Meilenstein der mich wirklich, wirklich freut, richtig gutes Album und einfach der unsterbliche Marc Bolan.