laut.de-Kritik
Dub, Elektro, Gitarrenlicks - ohne akustisches Unkraut.
Review von Eberhard DoblerAngesichts seines zehnten Studioalbums bezeichnet Tricky die beiden letzten Platten - vermutlich meint er "Mixed Race" (2010) und "Knowle West Boy" (2008) - als "nicht gelungen". Er selbst empfindet wohl tatsächlich so, tut man die Ansage nicht als Promosprech ab.
Hört man von außen hin, beschreitet "False Idols" aber eher den Weg von "Mixed Race" konsequent weiter: Die Arrangements klingen fast noch aufgeräumter. Vorbei die Zeiten von etwa "Vulnerable", als noch das ein oder andere Soundgestrüpp wucherte: Vermeintlich akustisches Unkraut tilgte Tricky fast komplett aus den Spuren.
Gleichwohl erscheinen die Unterschiede im Gesamtouevre nicht ganz so krass, wie es der Chefgärtner selbst propagiert. Dies zeigt etwa der Vorabtrack "Nothing's Change", eine typische Tricky-Nummer: groovy, dark und sanft zugleich.
Die Basics von Adrian Thaws' Sound bleiben auch 2013 dieselben: Dub, Elektro, Gitarrenlicks rocken bzw. funken, es clubbt mal oder kommt eine vorsichtig optimistische Pop-Atmosphäre auf ("Nothing Matters"). Natürlich findet alles noch immer mehr oder weniger in den Soundkoordinaten statt, bei deren Anfängen er dabei war. Dazu kommt Trickys spezieller Vocalansatz: Er selbst plus meistens eine weibliche Stimme.
Diesmal heißen die Damen Francesca Belmonte und Fifi Rong. Beide nahm er für sein Label unter Vertrag. Während sich Belmonte nahtlos in die Reihe der bisherigen Tricky-Gespielinnen stellt, fällt Rongs zuweilen fast piepsige Stimme mehr auf. In manchem Moment erinnert sie etwas an Nina Persson ("If Only I Knew"). Zu den zweien stößt noch die nigerianische Neo Soul-Chanteuse Nneka.
Doch es gibt weitere neue Höreindrücke zu vermelden, abgesehen davon, dass es diesmal keine Toasting-Features gibt: Etwa, wenn The Antlers-Sänger Peter Silberman hochfrequent und zu rauen Sounds zum Mikro greift ("Paranthesis") - eine vergleichsweise harte Nummer im Albumkontext. Die akustische Gitarre bei "Chinese Interlude", wohl von Rong selbst gespielt, erinnert stark an die Songs von Jack Johnson - samt chinesischem Text (zumindest klingts danach).
Die Scheibe startet mit dem spärlich instrumentierten und dubbigen Cover "Somebody’s Sin" von Van Morrisons Band Them. Lässig kommt der Mix aus gecuttetem Clubbeat, Belmontes Gesang und funky Gitarrenlick ("Is That Your Life"). "Does It" klingt nach Bristol-Trip Hop, und das elektronisch, fast schon aufgeregte "Hey Love" spiegelt die Aufgewühltheit angesichts einer frischen Liebe wider. Hier oder auch bei "I'm Ready" rückt Tricky im Stimmdoppel mehr in den Vordergrund.
Wie üblich bleibt eher der Trackcharakter kennzeichnend, die Songs laufen selten auf einen Höhepunkt hinaus. Auch wenn "Tribal Drums" mit die eingängigste Refrainmelodie liefert. Insgesamt taugt die Platte trotz der gewohnten Grundschwere wieder gut dazu, um runterzukommen.
5 Kommentare
Also ich hab's jetzt mehrere Male laufen lassen, und die drei Tracks ab Tribal Drums bis Chinese Interlude sind schwach. Der Rest jedoch, klingt so gut wie seit Mitte der 90er nicht mehr. Das einzige, was man meines Erachtens der Platte wirklich anlasten könnte, dass die Tracks ein wenig monoton verlaufen, ohne dass die Spannung in Höhepunkten ausbricht.
Geiles Teil 4/5
VÖ : 25 April 2013 ? Echt jetzt ich dachte das wurde erst heute veröffentlicht.
@catweazel (« Also ich hab's jetzt mehrere Male laufen lassen, und die drei Tracks ab Tribal Drums bis Chinese Interlude sind schwach. Der Rest jedoch, klingt so gut wie seit Mitte der 90er nicht mehr. Das einzige, was man meines Erachtens der Platte wirklich anlasten könnte, dass die Tracks ein wenig monoton verlaufen, ohne dass die Spannung in Höhepunkten ausbricht. »):
Absolut kann ich nur unterschreiben.
@catweazel: Word. Allerdings finde ich nicht unbedingt, dass es den Songs so einen großen Abbruch tut. Man kann sie trotzdem genießen, weil sie sehr atmosphärisch sind.