laut.de-Kritik
Yo, yo, Zeit für wilden Drum and Bass ...
Review von Gregory BritschPlanet Mu, das im englischen Worcester ansässige Label von Mike Paradinas, feiert seine 100. Veröffentlichung. Anlässlich dieses Jubiläums erscheint die Doppel-CD "Sacred Symbols Of Mu". Mit 24 exklusiven Beiträgen von durchaus bekannten Namen wie Venetian Snares, Luke Vibert, Daedelus oder Mike Paradinas selbst als µ-Ziq. Manchesters Grime-Helden Virus Syndicate treten dabei ebenso in Erscheinung wie die Neuverpflichtungen Tom Burbank, 0=0 und Mileece.
Anders als die weltbekannte Soße aus seiner Heimatstadt, kredenzt Paradinas ein 24-gängiges, geschmacksicheres Œuvre, das eine große Bandbreite abdeckt, sich vor allem an den Randbereichen elektronischer Musik bestens aufgehoben fühlt. Dass diesen Sound eine vergleichsweise überschaubare Zahl von Musikliebhabern wie Fans goutieren, tut der Sache jedenfalls keinen Abbruch.
"The Unbearable Phatness Of Being" von Dykehouse, der Titel spricht Bände, geht als passender Auftakt durch zur wilden Achterbahnfahrt auf dem Planeten Mu. Es folgt ein ausufernder Reigen, zunächst in Richtung Breakcore mit Shitmat sowie Venetian Snares' Drill'n'Bass. Zwischendurch noch etwas Elegisches von Leafcutter John, bis das Virus Syndicate das Zepter übernimmt. Sie zählen nicht umsonst zu den angesagtesten Grime-Crews im Vereinigten Königreich.
Hip Hop-lastiger kommen dann Luke Viberts Bleepsounds und Daedelus daher, abgelöst von Pinch mit seiner Version von Dubstep. Weitaus mehr als ein Hingucker ist Breakage, dieser tut sich mit "The 9th Hand" definitiv als erster Anwärter hervor auf die Nachfolge von Photek. Abschließend bringen Distance noch die technoide Umsetzung eines Metalriffs im Industrialgewande an den Start, abgelöst vom schrägen Plinkern von 0=0.
Die zweite Scheibe eingelegt, geht das Auf und Ab gleich munter weiter. Unheilschwangere Choräle und ein feister Beat künden von der Ankunft des Dubstep-Getüms namens "3rd Choice" (Vex'd), das sich mit einem dröhnenden Basswummern umgibt. Labelchef Paradinas setzt dagegen kindlich-naiv erscheinende Synthie-Klänge, getragen von treibenden Breakbeats, die nahtlos übergehen in die Hardcore-Welt von Jega. The Gasman wiederum bringt entrückte, umherschwebende Flächen mit einem verzottelten Basslauf und anderen wirren Tönen unter einen Hut.
Yo, yo, Zeit für wilden Drum and Bass, Soundmurderer & SK 1 im Toronto V.I.P.-Mix lassen sich ebenso wenig lumpen wie Boxcutter, der das Tempo seiner Breaks allerdings drosselt. Im Anschluss noch die schlängelnden, verzückenden Melodien von Chevrons "Luton Airport Parkway" sowie Jungle alter Schule aus dem Hause Equinox. Eine andere Art von Stepsound präsentiert Milanese, der seinen "Cognac" dazu noch mit süßlichem Gesang verfeinert.
Bei "Lives With Angels" von Last Step gurgelt die 303 mit einem Synthesizer vergnügt um die Wette, während Julian Fane gesanglich einen auf Radiohead macht, klangtechnisch noch weiter draußen ist als Yorke & Co.. Mileeces besinnliche Glockenspiel-Elektronika inklusive einem Dialog zwischen Kind und Mutti bildet den krönenden Abschluss.
Man muss es Planet Mu hoch anrechnen, mit seinen Veröffentlichungen nicht wirklich auf Nummer sicher zu gehen. Mike Paradinas bringt eben das heraus, was ihm gefällt, ohne groß Rücksicht zu nehmen auf die Meinung anderer. Und das ist gut so.
Noch keine Kommentare