laut.de-Kritik
Fortschritt is nich.
Review von Manuel BergerÜblicherweise vergeht knapp ein Jahr, bis die offizielle Videosammlung zum Wacken Open Air erscheint. Anlässlich des 25-jährigen Jubiläums ändern die Macher ihre Praxis. Die DVD zum W:O:A 2014 gibt's schon dreieinhalb Monate nach Campgroundräumung zu begutachten.
Was zu einem wahren Veröffentlichungsoverkill im Zeichen des Bullenkopfskeletts führt. Ende Juli "Live At Wacken 2013", im Dezember steht noch das Heimkinorelease von "Wacken 3D" an. Vielleicht sollte man mal darüber nachdenken, den Slogan "Harder, Faster, Louder" durch "More, More, More" zu ersetzen.
Gab es auf "Wacken 2013" abseits der Konzertcompilation wenigstens noch eine kleine Holy-Land-Impression mit Faninterviews, fällt dieses Schmankerl jetzt weg. Stattdessen gibt's einen Fotoband dazu, der im Bemusterungspackage allerdings fehlt. Und kam "Wacken 2013" nicht auch bereits mit so einem hübschen Büchlein daher?
Naja, man will ja nicht so kleinlich sein. Bild und Ton, die eigentliche Hauptsache, machen dafür einen besseren Eindruck als beim Vorgänger. Diesmal glänzen die drei DVDs sogar mit einem kurzen Intro. Das kommt zwar über übliche Metalprollklischees à la "Wackööön", "Are you ready for fucking metal?" et cetera nicht hinaus, stimmt allerdings schon einmal auf die kommenden Interpreten ein. In dieser Hinsicht wird sicher der ein oder andere wieder jemanden vermissen, aber jedesmal darauf einzugehen, ist auch irgendwie müßig. Sicher, Arch Enemy, King Diamond und Co. wären schön gewesen, aber sei's drum.
Avantasia, Accept, Motörhead, Apocalyptica, Steel Panther, Amon Amarth, Children Of Bodom, Heaven Shall Burn, Carcass, Hatebreed und Kreator zum Einstieg sind ja auch nicht schlecht. Sogar Bushido schaut vorbei. Allerdings in Form des Hammerfall-Songs. Devin Townsend kontrastiert mit seinen "Love is beautiful"-Ansprachen recht hübsch die zuvor passierende kalte Düsternis Emperors. Leider hört man während "Kingdom" und "Grace" nur Stimme und Drums. Die Saitenfraktion ist akustisch im Grunde nicht existent.
Die zweite Scheibe widmet sich wie gewohnt vorwiegend der Party Stage. Mittelalter und Kirmes regieren hier. Während der ersten Hälfte gefallen ausgerechnet Santiano am meisten. Immerhin versuchen die Seemänner nämlich nicht zu leugnen, dass sie Schlager sind. Wie Fun Metal tatsächlich Spaß machen kann, zeigen den Herren von J.B.O. anschließend Knorkator. Obwohl "Konrad" und "Arschgesicht" keineswegs die Sternstunden von "Deutschlands meister Band der Welt" darstellen. Wie schon auf Platte darf bei letzterem Alf Ators Sohnemann Tim Tom ans Mikro. Stumpen schlägt derweil Purzelbäume im Publikum.
Wer beim unsäglichen Saufgeflötel von Mr. Hurley & Die Pulveraffen noch nicht abgeschaltet hat, kann sich dann noch ein wenig Metal Battle zu Gemüte führen. Der Sound macht hier zwar ein bisschen schlapp und vor Skurrilitäten ist man auch hier nicht gefeit, doch In Mute-Fronterin Estefanía García entschädigt sowohl optisch als auch stimmlich das Fehlen Alissa White-Gluz'.
Die Bullhead City Circus-DVD zeichnet sich erneut durch breite Vielfalt aus. Decapitated mörteln das Zelt zum Einstieg vorsorglich nieder, anschließend verbreiten Black Star Riders Bluesfeeling. Als sehr interessant erweisen sich For The Imperium, die entgegen ihrem Standard-Core-Namen eine erfrischende Mischung aus Blues- und Alternativerock, Metal- und Hardcore sowie eine kleine Prise Gefrickel servieren. Keine neuen Freunde machen sich dagegen Torment (zumindest nicht bei mir), deren Sänger schmierig grinsend mit einer Kettensäge auf eine unschuldige Gitarre losgeht und deren Einzelteile den Fans zum Fraß vorwirft. Mitfühlend schieben Lacrimas Profundere eine ihrer Trauerhymnen hinterher.
Aufgrund des bunten Genremix' lässt sich der ein oder andere unpassende Schnitt leider nicht vermeiden. So herausragend beispielsweise sowohl The Ocean als auch The Vintage Caravan sein mögen – der direkte Clash der beiden ist dann doch eher ein Stimmungskiller. Vor allem wenn auch noch die Excrementory Grindfuckers in Jesuskostüm mit "Is Aber Nich" hinterherwatscheln. Progressive Post Metal trifft auf Retro-Rock trifft auf durchgeknallten Schunkel-Grind. Äh, ja.
Abgesehen vom Titel unterscheidet sich "25 Years Of Wacken" in so gut wie nichts von seinen Vorgängern. Fortschritt gefällt dem Metaller ja eh nicht besonders. Und traditionelle Ansprüche erfüllt das DVD-Pack allemal solide.
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