laut.de-Kritik
Bleierner Doom trifft erdige Blues-Hexe
Review von Ulf KubankeDa sage noch einer, der Metal sei tot und habe nichts Neues zu bieten. Im Gegenteil: Neben dem herrlich fiesen Mantar-Debüt "Death By Burning" gibt es mit Witch Mountains "Mobile Of Angels" gleich die nächste Entdeckung des sich neigenden Metal-Jahres aus dem famosen Hause Svart-Records. Crossover-Kapellen gibt es zwar wie Sand am Meer. Doch was fehlt den Genres noch? Richtig: Was lange doomt, wird endlich Blues.
Sobald man die tolle Platte auflegt, taucht im Kopf die Frage auf: Warum zum Teufel dauerte es gefühlte hundert Jahre, bis endlich mal eine Kombo auf die Idee kommt, den bleiernen Zeitlupenmetal mit der afroamerikansichen Urmusik zu paaren? Beide auf den ersten Blick recht unterschiedlichen Stile ergänzen sich bei näherer Betrachtung nämlich hervorragend. Gemeinsamer Nenner ist der Schmerz, der beiden Spielarten als konstituierendes Element inne wohnt.
So machen Witch Mountain ihrem Bandnamen alle Ehre. Tonnenschwere Doomriffs treffen auf die erdigen Vocals von Blueshexe Uta Plotkin. Wie ein Fluch kommt sie über jeden einzelnen Song und stempelt allesamt mit ihrer charismatischen Phrasierung. Die Bandbreite ihrer Stilistik nutzt sie dabei geschickt zur Rollenverteilung. Mal gibt sie die anmutige Königin der Bluesnacht mit leicht gothischem Einschlag ("Mobile Of Angels", "Psycho Animundi"). Dann wieder spielt sie die feurig-versumpfte Höllenbraut einer Titty Twister ähnlichen Endzeitabsteige ("Can't Settle").
Dabei umhüllt sie ein konstanter Mantel traditionellen Oldschool-Dooms, der hie ein bisschen Iommi atmet und dort ein wenig Candlemass-Aroma versprüht. Besonders schön geraten ihnen ab und zu eingestreute Pausen, etwa nach zwei Dritteln des Openers "Psycho Animundi", die die Spannung und Dramatik ihrer Musik effektiv unterstreichen. Zur Wahl des Cathedral-Produzzenten Billy Anderson muss man ihnen ebenfalls gratulieren. Letzterer macht den entscheidenden Unterschied in punkto Weiterentwicklung und Perfektionierung ihres epischen Sounds aus.
Jeder einzelne Track auf "Mobile Of Angels" macht von Anfang an großen Spaß und wächst trotzdem mit jedem neuen Durchgang immens; "growing like cancer, growing like Rosemarie's baby!" Das sinnliche "Your Corrupt Ways (Sour The Hymn)" etwa vermählt nicht nur Doom mit Blues. Das Lied impft der sonst so schroffen Dunkelheit des maskulinen Lava-Metals eine große Kelle weiblicher Erotik, die längst überfällig war.
Im Kontrast dazu geraten die Texte allesamt zutiefst verneinend, zerquält und schmerzerfüllt. Poetische Sprache trifft auf harsche Analyse, die mal schwer angepisst, dann wieder nahezu suizidal kulminiert. Zivilisationskritik wandelt sich von Zorn zu klinischer Depression und wieder zurück. Schonungslos halten sie der Menschheit den Spiegel vor und sagen im Opener etwa: "Living in filth and dirt in rooms less colorful and cheerful than the cages in which we put animals in a zoo". Unrecht haben sie damit philosophisch nicht.
Wenn man die ganze Scheibe in Wort und Klang komplett aufsaugt, ist man am Ende ebenso geschockt wie gekickt. Ich kann jedem Freund des Metal, des Blues und des Abseitigen nur wärmstens empfehlen, sich unbedingt dieses Album anzuschaffen.
1 Kommentar mit 6 Antworten
Ein starkes Album. Für mich, der ich kein Metalhead bin, ist es bisher das Metalalbum des Jahres.
Hab' ich das jetzt richtig gelesen?!
Randwer ist männlich ...!?
Das überrascht mich jetzt, dass Dich das überrascht.
Ich denk mal das war ne lautuser Imitation
Fein, Schnuddel!
Ich dachte schon, das wär' zu subtil gewesen.
und insgesamt kommt MoA auf Position 16