laut.de-Kritik
Angie, Macy und Xavier singen für den Gitarrero.
Review von Christof KlausBei Gitarrenspielern sind die Heldenrollen klar verteilt: So wie die Rocker der Zunft auf Steve Vai, Joe Satriani oder Eddie van Halen abfahren, verehren die Jazzer ihren Al Di Meola. Der Italo-Amerikaner zupft sich seit über dreißig Jahren durch den Fusion-Dschungel und ist längst eine Art Institution. Seine Diskografie füllt ganze Plattenregale. Ein weiterer Klassiker kommt jedoch vorerst wohl nicht hinzu. Leider.
Dabei klingt die Idee grundsätzlich spannend: "Vocal Rendezvous" ist gleichzeitig Titel und Konzept seines neuen Albums: Meister Meola greift in die Saiten - und um das Mikrofon tummelt sich eine bunte Schar von "Friends". Santana & Co. lassen grüßen. Doch Di Meolas Virtuosität in allen Ehren - beim Südamerikaner klang das Resultat irgendwie lebendiger und war vor allem deutlich besser produziert.
Musikalisch liegt die Tendenz zu R'n'B und Soul angesichts von Namen wie Angie Stone oder Macy Gray nahe. Die Damen liefern auf "I Tried" auch einen durchaus gefälligen Beitrag ab. Großes ABER: Das Sounddesign samt Beats wirkt an vielen Stellen arg blutleer. Ähnliches gilt auch für den ansonsten sehr gefühlvollen Opener "Shame" mit Sänger Joe.
Eine Enttäuschung: Xavier Naidoos Einsatz in "Schall und Rauch", das sicher nicht zu seinen Karriere-Highlights zählt. Auf "Communication" gibt sich mit MC Solaar ein Mann die Ehre, der in den Neunzigern wie kaum ein zweiter für smoothen Jazz-Hip Hop stand und quasi prädestiniert für derartige Experimente ist. Hier rappt der Franzose im Duett mit Beverley Knight zwar ein nettes und sehr eingängiges Stück, aber ein Solaar in Eigenregie hat für gewöhnlich doch mehr Magie.
Die blitzt dann für einen Moment bei Angie Stones zweitem Feature auf: "That's the Truth" setzt die Soul-Diva perfekt in Szene, und gleich im Anschluss groovt der schwedische Sänger Bosson ("Never Never Never") richtig gut um die packenden Gitarren-Soli. Drei Tracks gehören Al Di Meola schließlich ganz alleine: "Topaz" und "Syncopatico" sind verträumte, bisweilen etwas kitschbeladene Soundtracks für Reisereportagen oder die Ziehung der Lottozahlen. "Different Pages" kann da mehr, großes Kino sieht aber auch anders aus.
Was noch? Jazz-Trompeter Till Brönner jammt mit Di Meola auf "Rendezvous Rhapsody" etwas fad um die Wette, und die Boygroup No Mercy rührt auf "You are the One" zu Tränen. Alles in allem ist das gediegener Frühstücksjazzpop im R'n'B-Gewand für einen gemütlichen Sonntagmorgen. Nicht weniger, aber eben auch nicht mehr. Ein bisschen dreckiger, ein bisschen aufregender hätte es schon sein dürfen. Aber so ist es nun mal mit Rendezvous: nicht bei jedem funkt es.