laut.de-Kritik
Ein Heidenspaß, den Rhythm'n'Blues mit Ray zu zelebrieren.
Review von Kai KoppÄußerst angenehm shuffelt uns Angie Stone in den neuesten Output des untoten Ray Charles. "All I want to do is have some fun with you" gibt sie das Motto von "Genius & Friends" vor. Ray Charles erfüllt sich damit posthum den Wunsch, seine Duett-Aufnahmen aus den späten 90ern als Compilation zu veröffentlichen. Das erfolgreiche Konzept des Vorgängers "Genius Loves Company" setzt sich also auf "Genius & Friends" fort: Ray Charles im Duett mit Künstlerinnen und Künstlern der ersten Liga.
Zu den Originalaufnahmen gesellen sich aktuelle Einspielungen, die erst nach Rays Tod mit dem Gesang der Gäste überarbeitet wurden. Die neuen Spuren fügen sich so gekonnt in das vorhandene Material ein, dass die Nachbearbeitung zu keinem Zeitpunkt hörbar ist. Kein Wunder, als Produzent steht Phil Ramone (u.a. Rod Stewart) und als Co-Produzent Quincy Jones zur Verfügung.
Mächtig abgehender Big Band-Swing treibt "You Are My Sunshine" an. Chris Isaak gibt darauf alles, ebenso wie die wuchtigen Bläser. John Lennons "Imagine" schunkelt mit sechs Achteln, was dem Stück ziemlich gut tut. Die gefühlvolle Soulinterpretation mit Chor, Streichern und allem was sonst noch dick aufträgt, überzeugt voll und ganz. Eine verzerrte Rock-Gitarre und Soulröhre Leela James verpassen "Compared To What" einen ordentlichen Funk-Schub.
Sich von Mary J. Blige und Gladys Knight Einlullen zu lassen ist auf "It All Goes By So Fast" und "You Where There" angesagt. Beides zuckersüße Balladen, die etwas zu stark mit amerikanischen R'n'B- und Black Music-Klischees überfrachtet sind. Die Blues-Brothers stehen für "Big Bad Love" Pate. Diana Ross und Ray Charles lassen es bluesig krachen, unterstützt von viel Gebläse und brassigen Keyboards. Gute alte Zeit!
Rhythm'n'Blues mit einem Schuss Country servieren das Genie und Idina Menzel auf "I Will Be There", der als Lehrstück in Sachen Songwriting fungiert: Vorbildliche Komposition, nach allen Regeln der Kunst arrangiert. Das Duett mit George Michael, "Blame It On The Sun", gerät zu schmalzig, aber das sind wir von George ja gewohnt. Auf "Touch" kann John Legend, der 2005 mit "Get Lifted" ein astreines Album ablieferte, leider nicht überzeugen.
"Shout" hat gehöriges Partypotenzial. Patti LaBelle und die Andrae Crouch Singers feiern den Disco-Funk mit mächtigem Soul-Refrain ordentlich ab. "Surrender To Love" (mit Laura Pausini) beruhigt das Ekstaselevel wieder und stört nicht weiter. Ebenso wie "Busted", das in einer Live-Version mit Willie Nelson vertreten ist. Alicia Keys leiht ihr wunderbares Organ der Ballade "America The Beautiful" und bereichert den ansonsten abgedroschenen Traditional mit ihrem unvergleichlichen Charme.
Alles in allem ein Album mit Höhen und Tiefen, oder wie es ein Kollege treffend formuliert: "Man muss ja nicht alles mögen. Selbst Sinkflüge in die Tiefebenen des Easy Listening sind verziehen, sobald die unverwechselbare Stimme von Ray Charles sich einmischt. Das ist Soul, komme wer da wolle." Käufer von "Genius Loves Company" kommen auch auf "Genius & Friends" voll auf ihre Kosten, denn es macht einen Heidenspaß, den Rhythm'n'Blues mit Ray Charles zu zelebrieren.
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