laut.de-Kritik
Der Sound, zu dem man im Saloon zurecht ausgelacht wird.
Review von Franz MauererThe BossHoss waren zu Zeiten von "Rodeo Radio" eine interessante Ergänzung zum deutschen Musikmarkt. H-Blockx mit Western-Attitüde – manchmal fällt es schwer, Nachgeborenen solche Sachen verständlich zu machen. Seitdem hatten die Berliner vor allem eines: Erfolg. Spätestens mit "Dos Bros" waren die BossHosser eine Marke, die von den Frontmännern Völkel und Vollmer gepflegt wird wie ein MX-5 vom Vorstadt-Mittelstandsfamilienvater: regelmäßig und mit ein bisschen zu viel Wachs. Mittlerweile sind die beiden und mit ihnen die Band eher für "The Voice" bekannt, um so erfreulicher ist es, dass die Westerntruppe mit "Electric Horsemen" ihre frühere Kernkompetenz bedient.
Doch der Titeltrack empfängt ab Sekunde eins mit dem schlimmsten, billigsten Beat überhaupt, der völlig deplatziert eine verlorene, verschämt hin und wieder aufspielende Gitarre missbraucht. Gerade, wenn man sich zumindest ein Stück weit an diese Non-Musik gewöhnt hat, die viel von Klingeltönen zur Anfangszeit von The BossHoss hat, kommt der lustloseste Refrain der Musikgeschichte um die Ecke. Das ist der Sound, zu dem man im Saloon zurecht ausgelacht wird. Boss Burns und Hoss Power, wie Völkel und Vollmer sich nennen, versuchen hier wohl, die vermeintlich ausgetretenen Pfade des eigenen Sounds anzureichern und verrennen sich dabei völlig. Wie sieben Leute mit dieser Musik live beschäftigt werden sollen, ist im Übrigen völlig unklar. Auch bei "You", für das sich Ilse DeLange hergibt und das nicht einmal mehr Country- oder Western-Symbolik im Sound nutzt, stammt die Musik offenkundig zu 95% aus dem Keyboard. Das ist natürlich nicht verwerflich, aber man muss es halt können.
Und während "You" und die mit ihren unbeholfenen Pausen fast schon lustige Vorab-Single "Dance The Boogie" wenigstens nur langweiliger, kreuzbiederer, unterdurchschnittlicher Mainstream-Pop-Genre-Standard sind, unterbieten die Cowboys diese niedrige Benchmark mehrfach spielend. Der Pressetext fabuliert von "Studio 54-Groove" – man muss nicht dabei gewesen sein, um festzustellen, dass es so nicht gewesen sein kann, denn Disco ist vieles, aber nicht "Country Girl", das eher wirkt, als hätte man einen alten BossHoss-Song mit schlechteren Lyrics (richtig lustig, wenn "Country" reingerufen wird, wie "Space" bei Future) qua KI mit einem R'n'B-Template verschmelzen lassen. Das liest sich deutlich interessanter, als es sich im Ergebnis anhört.
Schlimmer geht auf "Electric Horsemen" immer, "Electric" schwimmt allerdings schon ganz unten. Auf diesem völlig lustlosen, monotonen Ding wird nämlich besonders eindrücklich klar, wie wenig Lust die beiden Sänger auf diese Scheiße haben. Natürlich war es schon immer peinlich, mit Westernhemd herum zu hüpfen und als Ost-Berliner und Wessi einen auf Berliner Cowboy zu machen. Das war aber egal, weil die beiden da Bock drauf hatten und nach zwei, drei Feuerwasser ließ man sich vielleicht anstecken.
Aber nun haben die beiden offenkundig die Schnauze voll. Der Eindruck, den diese Scheibe hinterlässt ist, dass sie als Legitimationsgrundlage für den fortbestehenden Promistatus der Frontmänner dienen soll, die sich nicht allein auf ihre Moderationsmeriten verlassen wollen. Das gibt vor allem für "The Voice" Sinn, die beiden tun einem aber ehrlich leid angesichts der anstehenden Tour. Aus "Best Friends Forever" fließt der Widerwillen förmlich hervor, Gast Michael Patrick Kelly kennt das Gefühl seit frühester Kindheit, "Ride With Us" ist einer der Songs, bei denen man aufgrund des Kontrasts zwischen dem völlig emotionslosen Vortrag und der 110%-Texte einfach lachen muss.
Burns und Power üben sich mit "Set Me On Fire" in Signalling. Wo das Feuer sich verstecken könnte, zeigt der einzige nicht völlig verunglückte Song dieser Vinyl-, Strom- und Polycarbonat-Verschwendung: Auf dem Country-esken Closer "Never Say Never" hören sich die HossBosse nicht an, als würde man sie mit gezogenem Revolver zu den Aufnahmen zwingen. Wirklich gut ist der auch nicht, aber in Ordnung allemal, und er zeigt eine Ahnung der vergangenen Spielfreude.
14 Kommentare mit 16 Antworten
Wie angestrengt, verkrampft und uncool kann man eigentlich sein. Da weiß man wirklich nicht was peinlicher ist - die Cowboy Outfits mit Charme eines Reihenhaus-Almans oder der Ami-Akzent mit Charme eines Reihenhaus-Almans?
Ruft nach kultureller Aneignung.
Ich würde sagen : Beides gleich peinlich!
Zurecht gehasst. Die Personifizierung dessen, was Kirmeslauchs für cool halten.
VOX populi
Wie Cash ohne Johnny.
RTL2 als Band. Klingt am besten im Solarium.
Dieser Kommentar wurde vor einem Jahr durch den Autor entfernt.
ꉂ (ᵔ̴̶̤᷄ꇴ ॣᵔ̴̶̤᷅⌯))л̵ʱªʱª⁎*.*
Die Jungs sind Klasse. 5 Punkte von mir.
seh ich so wie die meisten hier, coole lumpenreine Truppe. Da können sich Rammstein mal ne Scheide abschneiden