laut.de-Kritik
Keine Renaissance des Punk-Raps, aber dennoch interessant,
Review von Franz MauererWu-Lu als Rapper-Alias hätte gut zu einer asiatischen Wu-Tang-Cover-Gruppe gepasst, aber zu spät! Denn der Londoner Miles Romans-Hopcraft handelt seinem Namen zuwider und wird Musiker statt Brauer, mit eben dem Moniker Wu-Lu. Seit 2015 und "Ginga" droppte der Gute einige Singles, legt aber nun erst mit "LOGGERHEAD" sein Zweitwerk vor. Label und Presse weisen Wu-Lu dabei die Rolle des Messias von 90er-Punk-Rap zu, ein Schuh (beziehungsweise eine Sandale), die schon manchen zierte, aber noch nie jemandem so richtig passte.
Der Opener "Take Stage" erinnert an einen bekifften 2D zu einer Art Marsch-Beat, eher ein Schreiten durch den Kriegsnebel als ein Erobern der eigenen Bühne. Wu-Lu ist auf "South" sauer darüber, dass sein altes Viertel unbezahlbar (und sauberer) wird und hört sich dabei an wie Billy Corgan, der live stets angenehm grantig und garstig auftritt. Nur geht der Song nirgendwo so recht hin, das Laut-Leise zwischen Strophe und Refrain ist so offensichtlich, dass die Fallhöhe nicht überrascht und deshalb nicht wirkt.
Punk-Rap, wie Wu-Lu ihn auf "LOGGERHEAD" stellenweise versucht, lebt von diesem höchst anspruchsvollen Stilelement. Wu-Lu meistert das nicht, versucht es allerdings auch nur an wenigen Stellen. Man wird den Eindruck nicht los, der Musiker handele dann pflichtschuldig im Namen des eigenen Brandings. Deswegen geraten die Tracks, die Wu-Lu anders als "South" nicht offensichtlich als Singles konzipiert, um einiges besser und authentischer. Der zweite Song "Night Pill" zum Beispiel greift die Stimmung von "Take Stage" auf und dreht sich dann mit schönem Percussion-Einsatz unerbittlich um sich selbst - sowohl der Ausbruch als auch die Industrial-Elemente stehen ihm konsequenterweise ganz hervorragend, ein Jam aus Shabazz Palaces und Cypress Hill.
"Facts" weist Wu-Lu als aufmerksamen Zuhörer der elektronischen Musik seiner Heimat aus, es junglet an allen Ecken und Enden. Das geht zwar nicht komplett auf, denn zu einem ständigen Break ist halt schlecht rappen, interessant ist es aber allemal. Das gilt für das ganze Album und wie "Scrambled Tricks" ist es gar nicht mal die Bereitschaft von Wu-Lu, alle Stilemente zu verwenden, um seiner musikalischen Vision gerecht zu werden, sondern seine originelle (siehe das gelungene "Broken Homes") Herangehensweise an einer Grunge-esken Version von Rap, die sich von Suicideboys und Konsorten deutlich unterscheidet, nämlich indem sie wie in "Calo Paste" oder "Slightly" mehr Soul zulässt. Hier liegt auch der Mehrwert der häufig eingesetzten Gitarren und weniger in der Wand, die sie hin und wieder ("Times") errichten. Dazu gesellen sich klassischere Grime-Songs wie "Blame" und "Ten" und fertig ist eine interessantere Fortschreibung kontemporärer Südlondoner Raptendenzen- aber keine Renaissance des Punk-Raps.
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