laut.de-Kritik
Vielleicht die bessere Wahl für den ESC als Isaak.
Review von Dominik Lippe"Ich bin immer 100 Prozent echt", erläuterte Ross Antony im vergangenen Jahr dem Express, "es gibt bei mir keine zweite Seite, kein Entweder-oder. Wenn ich glücklich bin, zeige ich es, wenn ich schlecht drauf bin, zeige ich es auch." Manchmal tun es ja auch 50 Prozent, dürfte so mancher denken, der den geradezu hyper-extrovertierten Briten aus den Dschungelcamp-Begleitformaten oder einem seiner sonstigen TV-Engagements kennt. "100 % Ross" entstand während der entbehrungsreichen Corona-Zeit. Er wolle die Liebe als "tolles Heilmittel" in den Mittelpunkt rücken, betonte der frühere Bro'Sis-Sänger.
Zunächst hält sich der Wahnsinn in annehmbaren Grenzen. Statt völlig frei zu drehen, eben "100 % Ross" zu geben, stellt sich der Vollprofi ganz in den Dienst der Sache. "Was ist erlaubt? Was ist schon peinlich? Wann bin ich ein Mann? Wann bin ich zu weiblich?", stellt er sich als entruhrpottete Version Grönemeyers allerhand Fragen zu Geschlechterrollen und besingt zugleich ein Diversitätsfestival, "wir sind gleich und doch verschieden." Dazu stampft "Lass Die Liebe Liebe Sein" im bekannten ESC-Gewand durch den Gehörgang, um Ross Antonys Toleranz-Appell auch rhythmisch Nachdruck zu verleihen.
Für die Produktion zeichneten DSDS-Veteran Philippe Heithier und Claudio Pagonis verantwortlich, der für Pop-Schlager von Mark Keller, Conchita Wurst oder Barbara Schöneberger steht. Es wäre zu viel gesagt, "Lass Die Liebe Liebe Sein" als geschmackvoll zu bezeichnen, doch neben Chartstürmern wie den Calimeros wirkt es überaus kompetent. Beim Eurovision Song Contest wäre ihm anders als Isaak zumindest eine solide Platzierung sicher. Das gilt gleich doppelt für die Disco-Nummer "Ich Hab Fieber" vom selben musikalischen Team.
Zu den brauchbarsten Stücken gehört auch "So Süß Kann Das Leben Sein", das die kleinen Freuden des Alltags zelebriert. Passend zum fein abgesteckten Thema verzichtet er auch hier darauf, musikalisch aus allen Rohren der Konfettikanone zu schießen. Ross Antonys selbsterklärtes Lieblingslied "Ich Liebe Die Liebe" aus der stumpfen Feder von Marianne Rosenberg kippt schon in Richtung Wiesn. Und "Die Nachbarn Reden Schon" verfolgt als wohlwollende, aber hoffnungslos verschlagerte Variante von "Lasse Rede" der Ärzte den Klatsch und Tratsch der Anwohner.
Mit "Ein Gefühl" eröffnet sich endgültig die rätselhaft widersprüchliche Schlagerwelt. "Fragst, ob ich allein hier bin. 'Wollen wir noch woanders hin?' Ich sag': 'Wie, jetzt echt, wozu?'", gibt Ross Antony das unschuldige Kennenlernen wieder, das in einer masochistischen Forderung nach Übergriffigkeit mündet. "Ich will, dass du gehst - und zwar zu weit." Fröhlich schmeißt dazu Produzent Frank Ramond das Karussell an. Jeden Genre-Irrweg der letzten Jahrzehnte grast der Brite fortan ab. Es gibt sowohl eine Powerballade ("Wenn Du Liebst, Lebst Du Laut") als auch den Telamo-Trademark-Sound ("Flamingo").
Als Potpourri des Schreckens wartet "10 Jahre Hitmedley" mit seinen Interpretationen von "Fiesta Mexicana" oder "Eine Neue Liebe Ist Wie Ein Neues Leben" auf. "Darum Gibt Es Liebe" folgt der Tradition, einen deutschen Text über eine internationale Hit-Melodie zu legen. Leidtragend ist in diesem Fall "I Should Be So Lucky" von Kylie Minogue. Calum Scotts "You Are The Reason", eine Ballade mit über einer Milliarde YouTube-Aufrufen, dient wiederum als Vorlage für "Ich Werd' Dich Immer Lieben (You Are The Reason)". Und selbst südländische Ausflüge tischt Antony auf ("Schade Um Die Tränen").
Zum Abschluss reist er in "Scusa" im Stil der Schlagerpiloten in die Toskana, erfreut sich an seinen rudimentären Italienischkenntnissen und kichert den halben Song durch. Da ist er wieder, der enthemmte, stets etwas nervige Ross. Und doch bleibt der Spaß für seinen Job allemal den Rappern vorzuziehen, die sich nur unter Gewaltandrohung ins Studio bitten lassen. "Vor der Kamera gibt man immer ein bisschen mehr als privat", erzählte der Sänger dem Express. "Zu Hause bin ich natürlich nicht die ganze Zeit am Springen und Hüpfen, aber auch da meist gut gelaunt." Es gibt wahrlich Schlimmeres.
2 Kommentare mit 6 Antworten
100 % Rotz (Antony)
Aber naja, irgendwie ist der auch ganz niedlich auf seine Art. Fühle mich fast schlecht für den Kommentar.
Ist ein nerviger Dude, aber steht zumindest nicht unter Verdacht, ein Fascho zu sein, oder Faschos mit seiner Mucke abholen zu wollen. Dann, that bar is set way too low...
Ich habe nicht das Gefühl, dass er die typische Schlagersänger-Fassade aufsetzt, wo man das Gefühl hat, dass diese Leute backstage über ihre eigenen Fans herziehen. Der ist wahrscheinlich wirklich so. Ob man das gut finden muss, liegt wohl an jedem selbst das zu entscheiden.
Der ist echt so, wie er sich im Fernsehen gibt. Er hat in meinem Dorf geheiratet und hat hier auch Freunde und hat sich auch schon auf dem Schützenfest (ja, ist sehr ländlich hier) blicken lassen. Und ich kann echt nichts Schlechtes über ihn sagen (abgesehen von seiner Musik). Das ist ein sehr herzlicher Mensch, der scheinbar mag, was er tut und damit glücklich ist.
Das klingt doch sehr sympathisch und im Grunde genauso, wie man es erwarten würde.
Fühle mich fast schlecht für den Kommentar.
Musst du nicht. Ich bin auch schwul wie der (nervige) Ross. Und ich halte ihn keine Minute lang aus. Weder die Musik noch seinen Anblick in irgendeiner Sendung.
Er geht mir sofort gepflegt auf die Nerven. Deswegen mache ich um alles auf dem sein Name steht ein großen Bogen.
Als Abstinenzler frage ich mich immer, welche Drogen sich Ross Anthony so einwirft? Die möchte ich auch nehmen! Sehr zuverlässig und ohne Nebenwirkungen .
Ich würde ihm raten sie ab zu setzen. Ich befürchte stake Nebenwirkungen. Denn danach sieht er aus und hört er sich an.