laut.de-Kritik

Die Wiener spielen System Of A Ska.

Review von

Gasmac Gilmore, noch nie gehört? Ein Fehler. Hier die Kurzversion, denn ich will tanzen: Sublime-Gesänge, Ska-Partys, Bucovina-Feeling mit Geige und Klarinette, eine Horde Musiker mit allen möglichen und unmöglichen Instrumenten im Studio, ein Sänger, der wie Serj Tankian phrasiert, Gitarren zwischen Powerchords und gezupften Offbeat. Überrascht? Ich auch.

Die Geschichte von Gasmac Gilmore ist schnell erzählt. Gegründet vor zehn Jahren in Wien, Träger des Austrian Newcomer Awards, mittlerweile vier Alben auf den vielen Buckeln, versetzten sie ihren Sound von Beginn weg mit leichten Balkaneinflüssen, was auf "Dead Donkey" seinen Höhepunkt findet. Und obwohl dieses Tanzgemisch in der letzten Dekade ordentlich Aufschwung bekam, liefern die Wiener mit "Dead Donkey" ein herrlich unkompliziertes und unterhaltsames Album ab, zu dem sich auch im Bürosessel mitwippen lässt.

Aber natürlich kommt man bei dieser bunten Mischung aus Metal-, Polka- und Discorhythmen nicht umhin, sich das Publikum bei Live-Konzerten dieser Combo vorzustellen: Wenn sie sich nicht wie wild gewordene Hupfdohlen mit schwingenden Armen und zuckendem Gebein im Kreis drehen, wird dem Metal mit Kopfnicker-Grooves, Doublebass und verzerrten Gitarren gehuldigt, um jedem Langhaarigen genug Nackengymnastik zu verschaffen.

Das macht Spaß, das ist auf dem an Ska-P erinnernden Stampfer "Pitchblack" genauso unterhaltsam wie beim Swing-Metal mit Rockabilly-Trompeten von "Six Feet Under" oder beim melancholischen Balkan-Akkordeon von "Sigmund".

Der energiegeladene "Teddybear" will System Of A Down, Fishbone und Gogol Bordello auf einmal sein, und schafft es trotz großer Schubladen noch ein paar Genres mehr in dreieinhalb Minuten zu packen. Je länger man sich "Dead Donkey" anhört, desto mehr entblättern sich die einzelnen Fassaden innerhalb der einzelnen Songs in den Ohren der Zuhörer. Auch das marschierende (was sonst?) "The Monkey Marsch" hat Bläser, dicke Gitarren und zum Schluss gar überlebensgroße, völkerverbindende Hooklines.

Es scheint, als kam jedes zu diesem Zeitpunkt in Wien befindliche Instrument bei den Nummern zum Einsatz. Doch wer meint, der kreative Strom reißt nach "The Monkey March" ab, der irrt. "Isolation" gibt sich zunächst etwas reduzierter, fährt dafür aber den schönsten Refrain des Albums ab. "Mayonnaise" verbindet brachiales Gebolze kurz mit Dancehall-Riddims, die Spielfreude der Kern-Verrückten von Gasmac Gilmore Matthias Wick (Vocals, Gitarre), Max Berner (Drums), Thomas Pröschl (Bass) und Elias Berner (Gitarre) ist ungebrochen.

Handwerklich kann man der Albumproduktion nichts aussetzen. Jede noch so zärtlich gespielte Klarinettenkadenz und und jedes Mandolinen-Kunststück halten gegen Thrashmetal-Saitenarbeit stand ("Sunkist"), dabei besitzt der Sound genüg Leichtfüßigkeit, die Tanzmusik dieser Art auch braucht. Dass diese Mannschaft nicht schon lange die Festivalbühnen in Europa rocken, ist ein Missstand, der schleunigst behoben werden sollte.

Trackliste

  1. 1. I Am God
  2. 2. Pitchblack
  3. 3. Camilla
  4. 4. A Dead Man's Hand
  5. 5. Sigmund
  6. 6. Six Feet Under
  7. 7. Teddybear
  8. 8. The Monkey March
  9. 9. Sunkist
  10. 10. Isolation
  11. 11. Dance With Me
  12. 12. Mayonnaise
  13. 13. Feed Another, Eat Each Other

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