laut.de-Kritik
Pokémon, Super Mario und Tetris mit dem Cello massakriert.
Review von Sven KabelitzJede Epoche hat ihre Jugendbewegung, ihren Sound und ihre eigene Rebellion. Vom Rock'n'Roll ging es über die Hippies zum Punk zum Synth-Pop zum Grunge. Mit ihrem Debüt leitete Lindsey Stirling 2013 eine neue Revolution ein. Auf Streichinstrumenten vorgetragene Videospiel-Hits. Klassik-Game-Crossover, in dem sich all die am PC und an den Spielkonsolen dieser Welt vergessenen Kinder wiederfinden. FIGHT!
Über kurz oder lang kommen jedoch die Trittbrettfahrer aus ihren Löchern. Die, die im letzten Moment auf den fahrenden Zug aufspringen. Die, die letztendlich das Ende einläuten. Die Les Humphries Singers, die Mini Pigs, die Stone Temple Pilots und nun Tina Guo.
Der Fake-Vorwurf greift natürlich etwas kurz. Die Cellistin spielte mit den Foo Fighters, Al Di Meola, Carlos Santana, Stevie Wonder und Justin Bieber. Auf Hans Zimmers Tourneen gehört sie zur festen Besetzung, spielte in den "Batman V Superman: Dawn Of Justice"- und "Sherlock Holmes"-Soundtracks.
Da sie selbst der Videospielesucht verfallen ist, dürfte ihr Debüt "Game On!" ihr bisher persönlichstes Album sein. Guo übernahm zusammen mit Steve Mazzaro die Produktion und die Arrangements. Trotzdem wirkt das Ergebnis wie in einem tagelangen Meeting der Sony Music-Führungsetage entstanden. Der Fischköder für die Nerds der Konsolen-Generation. Schließlich kaufen wir Nerds kritiklos alles, auf das man unsere Lieblingsfiguren druckt. Das haben die Musik-Bosse bei "The Big Bang Theory" gelernt.
Eine einfühlsame Interpretation der Stücke klingt jedenfalls anders. Mit einer grobschlächtigen Mischung aus Bombast, Klassik, Bombast, Metal und Bombast trampelt Guo grazil wie Bowser durch die liebgewonnenen Klassiker.
"Super Mario Bros." stolpert überladen von Pilz zu Pilz, bis ein Metalpart kurzzeitig in die Unterwelt führt. Natürlich dürfen die üblichen Sounds trotzdem nicht fehlen. Der Versuch, die Musik aus "Journey" schöner zu gestalten, kann aufgrund der Vorlage nur scheitern. Von der entrückten Schönheit des Originals bleibt nichts über. Das vollgestopfte "Pokémon" verknüpft zur Doublebass Game Score mit dem Titelstück der Anime-Fernsehserie. Komm schnapp sie dir!
In "Uncharted: Nate's Theme", das plötzlich wie aus einem "Pirates of the Caribbean"-Sequel klingt, hört man Zimmers Einfluss deutlich heraus. "The Legend Of Zelda" lässt den "Star Wars"-Soundtrack wie Brian Enos "Ambient 1: Music For Airports" wirken. Für ihre "World Of Warcraft"-Interpretation schlüpft Guo in die Rolle eines headbangenden Zwergs.
Bis am Ende die Glocken bimmeln, muss das in Musical-Ästhetik ersaufende "Korobeiniki" ("Tetris") wirklich jedes erdenkliche Russland-Klischee über sich ergehen lassen. "Chrono Trigger" habe ich nie gespielt.
Um möglichst viele Gamer abzugreifen, findet sich auf Tina Guos "Game On" jede Ära wieder. Zusammen mit dem Budapest Symphony Orchestra geht es vom NES zur Playstation 4 und zurück. Zwischen Jump 'n' Run, Action-Adventure, Rollenspiel und Ego-Shooter findet hier alles seinen Platz. Persönlich vermisse ich die Verwurstung von Hits wie "Pong", "Pac-Man", "Yoshi's Story" oder "Minesweeper". Aber "Game On! Vol. 2" steht sicher schon bereit.
5 Kommentare mit 5 Antworten
Yoshi's Story ist aber auch putzig.
Abgesehen davon gibt's glaube schon von allen dort verwursteten Stücken bessere Interpretationen...Was bei dem hier gebotenen auch nicht schwer fällt.
https://youtu.be/QMlFFzeDCWQ ♥
Sogar am "Gerudotal" hat sie sich vergriffen, da blutet einem das Herz.
Ich dachte der Soundtrack von Chrono Trigger wäre mit Never Been von Wiz Khalifa schon genug geschändet worden. Da hab ich mich wohl geirrt.
"World of Warcraft" läuft ab heute im Hause Ferchichi rauf und runter, während Änis raidet oder der fette Ali für ihn stundenlang Irgendwas farmen muss.
aber schon ne prachtstute.mit der könnt ichs bestimmt ne weile aushalten.
Obacht, sonst gibt's ne Watsch'n vom Feministen-SK.
ja, der soll ja ziemlich ansteckend sein, dieser feminismus. allen betroffenen auf jdf. von ganzem herzen gute besserung
Nicht mein Fall, hau rein Herr.
kommen wir uns beim virtuellen stelzen wenigstens nicht ins gehege